Zeitschriften vor der Zeitenwende

Die Verlagsbranche muss sich dieses Jahr gewaltig umkrempeln. Mittlerweile ist ein ‚No-Turning-back‚ ‚Point of no Return‘-Zeitpunkt erreicht. Obwohl vornehmlich Bücher im Fokus der Berichterstattung stehen, sehe ich den anstehenden Wandel für Magazine und Zeitungen als noch viel deutlicher aufleuchten. Bis auf die native Anwendung der ‚New York Times‘, räumte Apple bei seiner iPad-Präsentation den gedruckten Monats-, Wochen- oder Tages-Zeitschriften keine Sendezeit ein – irgendwie klang das so, als ob man sagen wollte: „jetzt macht ihr mal“.

Das Technologie-Magazin Wired zeigte schon im November 2009 erste digitale Heft-Konzepte für ‚iTablet‘-Geräte. Auf der TED-Konferenz (YouTube-Kanal), die in Long Beach letzte Woche abgehalten wurde, enthüllte Chefredakteur Chris ‚The Long Tail‚ Anderson eine Weiterentwicklung der interaktiven Publikation (oben im Video), die noch in diesem Jahr auf das iPad wandern soll. Der ‚Wired Reader‘ soll dabei auf Adobe AIR-Technologie setzten, welche demnächst auch Apple-tauglich heranrauscht.

Ein Umdenken ist bitter nötig. Schon alleine der Blick auf die (IVW-)Auflagenzahlen für den Bereich der Videospiel-Journale führt den Umbruch vor Augen. Die ‚Computer Bild Spiele‘ verlor in Q4/2009 gegenüber dem Vorjahresquartal 4-Prozent. Das sind rund 12.000 verkaufte Exemplare weniger. ‚GameStar‘ brach um 22.5-Prozent ein, und verkaufte ‚lediglich‘ 133.000 Ausgaben. Die Liste lässt sich beliebig fortführen: ‚PC Action‘ -38.5-Prozent; ‚PC Games‘ -17.7-Prozent; ‚SFT‘ -33-Prozent oder ‚PC Games Hardware‘ -29.3-Prozent.

via magaziniac.de

Trotzdem. Die erdrutschartigen Zahlen sollen nicht verschleiern, dass sich immer noch unzählige Magazine an abertausende von Lesern verkaufen. Klar, die Zielgruppen werden kleiner und spezifischer. Trotzdem habe ich dieses unbändige Vertrauen, das sich finanzierbare Qualität durchsetzen wird. Durchsetzen muss.

Bislang konnten sich Verlegerkreise noch darauf ausruhen, dass die technischen Vertriebswege nicht ausgerollt waren. Mit der Veröffentlichung des iPhones wurde diese Argumentationsgrundlage dünner; mit dem iPad bricht sie komplett ein. Wer es in den nächsten Jahren nicht schafft, seinen potenziellen Leserkreise auf attraktive Digitalangebot auszuweiten, aber trotzdem die Türen schließt, fasst sich bitte selbst an die Nase. Als ‚Attraktivität‘ bezeichne ich dabei sowohl den Preis, als auch die technische Gestaltung. Das Hauptaugenmerk der Print-Gazette sollte sich meiner Meinung nach weiter auf den Inhalt richten. Video-Schnickschnack und 3D-Modelle bezahlen diejenigen, die sich so etwas leisten können. Beispielsweise die Werbepartner.

Ein (angeblich) interner Diskussionsstreit über die Preisgestaltung der ‚New York Times‘-Anwendung, die sich zwischen monatlichen $10 und $30 US-Dollar abspielen soll, darf meines Erachtens erst ausgefochten werden wenn es ein zu verkaufendes Produkt gibt. Ein Produkt, für das Kunden bereit sind überhaupt Geld auszugeben. Die Financial Times berichtet in einem aktuellen Artikel über klagende Verleger, die eine fehlende Kontrolle über die Kundendaten und das ‚inakzeptable‘ 70/30 Preisgefüge bemängeln.

via fscklog

Es wirkt fast ironisch, dass dieser Artikel nur gegen eine Registrierung einzusehen ist, die mich fünf Minuten meiner Zeit kostete und solche Bildschirme präsentierte:

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Nichtsdestotrotz. Ich persönlich freue mich auf Magazine und Zeitschriften, die es schaffen mit einer inhaltlichen Ausarbeitung in adaptiertem Print-Layout und mit cleveren Bedienkonzepten, meinen digitalen Heft-Konsum anzukurbeln. Genau dafür bin ich bereit Geld und Zeit auszugeben.