Warum (noch) iOS?
Am 29. Juni 2022 feierte das iPhone seinen 15. Geburtstag – den Geburtstag zum Erstverkaufstag. Den anderen Jahrestag – den Keynote-Geburtstag – feiern wir immer ein halbes Jahr früher, jeden 9. Januar.
Mir fehlten in der letzten Woche ein paar clevere Worte, mit der ich darauf hätte hinweisen können. Jetzt fiel mir doch noch etwas ein.
12 Tage nach dem US-exklusiven Shopping-Start aktivierte ich mein Classic in München1. Zuerst war das Import-Gerät nur ein glorifizierter iPod touch – ohne AT&T-Vertrag gab’s kein Mobilfunk. Natürlich existierte der iPod touch im Sommer 2007 noch nicht; Steve Jobs stellte ihn erst im Herbst des gleichen Jahres vor.
Das Import-Classic surfte für mich deshalb erst Monate später auch außerhalb von Wi-Fi-Netzen – dank eines Mobilfunk-Hacks. anySIM2 – als erster Software-Unlock – ärgerte sich damals mit „iPhone OS“. Apple benannte sein Betriebssystem erst mit Version 4 in iOS um – nachdem sogar das iPad mit iPhone OS (Version 3.2) gestartet war!
Erst neun Jahre später änderte Apple seine Entscheidung: iPadOS entkoppelte sich im Jahr 2019 mit einem eigenen Betriebssystemnamen. Und damit stelle ich mir die rhetorische Frage: „Warum noch iOS?“
Neben tvOS, macOS, watchOS und dem besagten iPadOS könnte sich iOS eigentlich wieder iPhone OS nennen. Die iPods sind nämlich raus; mittlerweile braucht es keine geräteübergreifende Betriebssystembezeichnung mehr. iPhone OS wäre die deutlichere Bezeichnung für Apples Telefon-Betriebssystem; es wäre die verständlichere Umschreibung.
Marketing ist aber natürlich nicht an die (Entstehungs-)Geschichte gebunden; es muss keiner Logik folgen. Apple bewirbt seit 12 Jahren ihr Betriebssystem als iOS, nicht als iPhone OS. Das lässt sich preislich zwar nicht beziffern, ist für Apple aber unbezahlbar.
So eine Marke bläst man nicht in den Wind. Genauso wie das iPhone selbst nie seinen „i-Namen“ ablegen wird.
Deshalb bleibt wohl auch iPhone OS eine Randnotiz in den Geschichtsbüchern. Es war das Betriebssystem zum Start – von 2007 bis 2010. Es war wackelig, unfertig und eine Revolution.
„After the iPhone launched, CIOs were slow to clear it for business use. And while CEOs usually cede anything IT-related to the CIO, this time the CEOs rose up and demanded change. They loved their iPhones. So did their employees. And they wanted to use them at the office.
It was Apple’s success at creating something for consumers that led to their success in the enterprise. People fell in love with their phones and then wondered why the rest of their life wasn’t that easy. Nobody wanted to deal with garbage corporate tools that required days or weeks of training to use. They wanted an easily understandable interface, fast speeds, and slick hardware.“
Der 15. Geburtstag des iPhones erinnert aber nicht nur an das Classic, sondern auch an den 5. Geburtstag des „Top-notch: iPhone X“. Dieses Modell steht heraus, weil es iOS umkrempelte. Das Homebutton-lose und bildschirmfüllende Design änderte fundamental die Bedienung. Es diktierte, wie heute jedes Smartphone aussieht, und stellt die Frage: „Wäre so eine grundlegende Änderung für Smartphones noch einmal möglich?“
Ein letzter Gedanke.
iOS ist ein altes Betriebssystem. 15 Jahre sind eine lange Zeit. iOS ist inzwischen älter, als es Mac OS X beim iPhone-Release war.
Doch das war auch eine andere Zeit. Damals lebten nicht eine Milliarde Personen mit einem Apple-Taschencomputer.
Deshalb ist iOS zwar ein altes Betriebssystem, aber noch kein abgehangenes OS. Die Anforderungen an unseren „Personal Computer“ sind so viel größer als an alle Betriebssysteme, die davor kamen. Ein modernes OS muss so viel mehr (unterschiedliche) Aufgaben erfüllen; so viel mehr (Nicht-Computer-)Dienste leisten. Airbnb, Uber, Venmo oder Instagram sind inzwischen lebensbestimmende Services und existierten im Jahr 2007 schlicht noch nicht.
Aus dieser Perspektive sind 15 Jahre sogar noch jung. Das Smartphone hat noch so viel ungenutztes Potenzial.