AirTag – einfach eingesteckt
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AirTag ist mitnichten der erste Schlüsselfinder. Durch das „Wo ist?“-Netzwerk ist er jedoch vom Start weg das beste Zubehör aus dieser Kategorie.
Beim Blick auf die Mitbewerber ist nicht der kleine Beacon wichtig, sondern das Telefon. Hier steckt die Intelligenz, die batteriesparende („low-level“) Bluetooth-Verbindung und der Zugriff auf den U1-Chip für die präzise Ortung. In erster Linie zählt jedoch die vorinstallierte App. „Wo ist?” findet sich weltweit auf allen1 iPhones!
Egal wie günstig oder hübsch die Konkurrenz also arbeitet: Wenn sie nicht mindestens als Drittanbieter im „Find my“-Programm auftritt, ist sie beim Aufspüren von verlorenen Gegenständen außerhalb der eigenen vier Wände schlicht nicht konkurrenzfähig.
AirTags sind gewissermaßen eine erweiterte Systemfunktion. Weil sie so tief in iOS integriert sind, funktionieren sie am besten. Das steht außer Frage und trotzdem wird zu klären sein, ob es wettbewerbswidrig ist.
Apropos Konkurrenz: 35 Euro sind fair. Beim 4er-Pack spart man insgesamt 20 Euro. Nach den ersten Tagen im freien Verkauf zeigen sich bereits Rabattangebote, bei denen der 4er-Pack für 100 Euro zu haben ist. Teuer + Teurer ist das (optionale) Zubehör um den AirTag an einer Tasche oder an einem Schlüsselbund zu befestigen.
Den „AirTag Leder Schlüsselanhänger“ empfinde ich mit Blick auf Apples Auswahl am sinnvollsten; aber schon jetzt rollt eine Schwämme von Drittanbietern auf uns zu, die dafür nur wenige Euro verlangen. Es ist keine Wette: Das Sortiment von Drittanbietern wird in den nächsten Wochen und Monaten kräftig anziehen.
Bislang habe ich meiner LaptopiPad-Tasche, meinem Schlüsselbund und unserem gemeinsamen Autoschlüssel einen AirTag angesteckt.
Der Autoschlüssel ist in gemeinsamer Nutzung und wirft damit die interessantesten Fragen auf. AirTags sind nämlich ausschließlich mit nur einer persönlichen Apple ID verknüpft – auch die iOS-Familienfreigabe ist bislang nicht vorgesehen.
Das bedeutet:
- Nur ich kann über mein iPhone den AirTag am Schlüsselbund suchen.
- Wenn meine Frau damit durch die Gegend fährt und wieder nach Hause kommt2, bekommt sie eventuell die Warnung, dass sich ein unbekannter AirTag in ihrer Nähe befindet.
- Meine Frau ist jedoch Teilnehmerin in der iOS-Familienfreigabe. Deshalb kann sie eine solche Benachrichtigung nicht nur für einen Tag deaktivieren, sondern dauerhaft. Allerdings kann sie das nicht im Vorfeld tun, sondern muss auf die erste Benachrichtigung warten.
- Hätte sie ein Android-Telefon3, würde ein AirTag nach drei Tagen auf sich aufmerksam machen. Die Zeitspanne bis zum ersten Piepsen ist von Apple voreingestellt, kann aber serverseitig geändert werden. Apple wartet hier erste Erfahrungsberichte ab und korrigiert eventuell nach.
Was AirTags nicht sind:
- AirTags enthalten keine Ortsinformationen oder Bewegungsprofile. Die Örtlichkeit von einem AirTag lässt sich nicht teilen. So könnt ihr beispielsweise nicht auf alle Gepäckstücke von allen mitreisenden Familienmitgliedern aufpassen.
- iPhones lassen AirTags zum Wiederfinden klingeln; AirTags können umgekehrt aber keine iPhones anpingen.
- Ein AirTag informiert euch nicht, wenn ihr euch von ihm entfernt. Wenn ihr das Haus verlasst, und euren Schlüssel vergesst, erinnert euch ein AirTag nicht.
- Apple weiß nicht, wo sich welcher AirTag befindet, kann in Ausnahmefällen (beispielsweise einem Verbrechen) jedoch die AirTag-Seriennummer einer Apple ID zuordnen4.
Einige Ideen fürs Stalking, die ich im Zusammenhang mit AirTags im Netz verfolgte, machen mir Angst. Trotzdem: Kernkompetenz ist das Wiederfinden von eigenen Gegenständen und nicht die Ortung von anderen Personen (beispielsweise Kindern) oder dem Diebstahlschutz. Zwar sind einige Szenarien dafür vorstellbar, aber immer auch mit Fußnoten versehen. Das gilt selbst für Situationen, in denen man sich vorgestellt hätte, dass die AirTags funktionieren.
Ich habe am Sonntag mit einem befreundeten Richter am Verwaltungsgericht in Helsinki über die AirTags gesprochen. Unsere Diskussion schwenkte direkt auf die Sicherheitsmaßnahmen. (GPS‑)Tracker scheinen seiner Erfahrung nach an einer Vielzahl von Straftaten beteiligt. Ihm erschien der (geringe) Preis, die (einfache) Handhabung, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die wasserfeste und kleine Konstruktion sowie ihre (flächendeckende) „Crowd-Ortung” als etwas „mit dem er dann wohl zukünftig viel zu tun haben wird”.
Neben der Lokalisierung durch das große Netzwerk aus iPhones benötigt die präzise Ortung ein iPhone 11 oder iPhone 12. Das iPhone SE (2020) hat beispielsweise nicht den erforderlichen U1-Chip.
Diese Ultrabreitband-Technik ist extrem cool. Meine Kids haben damit eine Schnitzeljagd durch unser Haus veranstaltet — und meinen Schlüsselbund jedes Mal wiedergefunden.
In der Technik steckt aber noch wesentlich mehr — beispielsweise eine schnelle Datenübertragung. Bei AirTag spielt sie jedoch bislang keine Rolle.
When you use ultrawideband to find a tracker, it works similarly to sonar, which detects objects underwater. You send a ping to the tag, and the tag bounces a ping back to your phone. The amount of time it takes for the ping to come back is used to calculate the distance between the two objects.
But when you use Bluetooth to find a tracker, your phone is pushing out a continuous signal in search of it. The farther you move away from the tracker, the weaker the signal gets, and the closer you move toward it, the stronger it becomes. This technique is used to tell you roughly how far away you are from the tracker.
Nach der ersten Woche mit fünf AirTags bin ich mir sehr sicher: Diese Token (genauer gesagt diese Technik) wird durch AR-Brillen noch einmal wertvoller. Sie digitalisieren Alltagsgegenstände, die bislang nicht digital sind.
Bis dato bleiben AirTag ziemlich ereignislose Gadgets. Nach der schnellen Ersteinrichtung bleibt kein Spielwert; die Anhänger baumeln einfach an eurem Rucksack.
Einen tagtäglichen Nutzen ziehen dagegen Menschen ohne (oder mit nur eingeschränktem) Sehvermögen. Das Auffinden von verlegten Gegenständen wird nicht nur durch Töne vereinfacht, sondern auch durch Vibrationen der Taptic Engine im iPhone. Der kleine Schutzschild von Captain America dürfte eine große Hilfe für diese Personengruppe sein.
Anderseits hat sich Apple wirklich viel Mühe bei den Animationen und den visuellen Übergängen gegeben.
Und machen wir uns nichts vor: AirTags werden sich wie Kaugummi an Supermarktkassen verkaufen – man legt sie beim Bezahlen einfach noch mit aufs Band.
Auch die Platzierung auf Apple.de hilft. Wer sich ein neues iPhone shoppt, bekommt einen entsprechenden Zubehörvorschlag – von Hüllen, über MagSafe bis zum Apple Wallet und AirTag.
Ein Fundstück – im wahrsten Sinne des Wortes.
- (Firmen-)Telefon, die per MDM-Profil die „Wo ist?”-App sperren, nehmen auch nicht am Netzwerk teil. ↩
- Den Heimatort entnimmt das iPhone dem eigenen Adressbucheintrag. Außerdem kann eine Benachrichtigung an anderen (häufig besuchten) Orten erfolgen. ↩
- …was für ein absurder Gedanke! ↩
- Der Besitzer oder die Besitzerinn eines AirTags kann den Token aus ihrem Account jederzeit entfernen. Erst dann kann ein anderes Konto diesen AirTag für sich registrieren. ↩