Tim Cook über Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in Brüssel
Die (wort )starke Rede von Tim Cook im Europäischen Parlament ist in seiner Vollständigkeit – die ganzen 19 Minuten – eure Zeit wert.
“Platforms and algorithms that promised to improve our lives can actually magnify our worst human tendencies. Rogue actors and even governments have taken advantage of user trust to deepen divisions, incite violence, and even undermine our shared sense of what is true and what is false. This crisis is real. It is not imagined, or exaggerated, or crazy.”
Die Realität ist, wie so häufig, komplexer. Google und Facebook erschaffen digitale Lebensräume, die die Nutzer im Tausch gegen ihre Daten betreten. Nicht immer ist das komplett kostenlos; nicht immer gehen tatsächlich weniger Euros über den Tisch (siehe Google Pixel 3 oder Facebook Portal), aber viele der Services aus Menlo Park und Mountain View haben schlicht kein Preisschild. Selbst wenn man wollte, könnte man dafür kein Geld überweisen.
Auch deshalb ist es eine privilegierte Position, wenn man nicht den werbefinanzierten Service in Anspruch nimmt, sondern selbst für sein Videohosting bezahlt und nicht die gratis Gmail-Inbox nutzt.
Derek Powazek hat vor vielen Jahren einmal aufgeschrieben, warum er den Slogan „If you’re not paying for the product, you are the product.“ für ungeeignet hält.
We can and should support the companies we love with our money. Companies can and should have balanced streams of income so that they’re not solely dependent on just one. We all should consider the business models of the companies we trust with our data.
But we should not assume that, just because we pay a company they’ll treat us better, or that if we’re not paying that the company is allowed to treat us like shit. Reality is just more complicated than that. What matters is how companies demonstrate their respect for their customers. We should hold their feet to the fire when they demonstrate a lack of respect.
Privatsphäre als „human right” ist die richtige Idee, aber in der Umsetzung steckt die eigentliche Kunst. Die von Tim Cook gelobte europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat uns bislang extrem viele Pop-ups und Banner eingeheimst, die jedoch niemand liest. Da einige Webseiten und Webdienste die Richtlinie nicht (rechtzeitig) berücksichtigt haben (berücksichtigen wollten), schnitt man einem ganzen Kontinent den Zugang dazu ab. Inwiefern das dann besser für die Nutzer und Nutzerinnen ist, lasse ich einmal dahingestellt.
Tim Cooks Rede gewinnt (für mich), weil er mehr als einmal anmerkt, selbst nicht alle Antworten zu haben. Er scheint obendrein die Komplexität einer umfassenden Gesetzgebung mit allen ihren absehbaren und nicht absehbaren Konsequenzen zu verstehen. Es geht ihm aber um eine Grundsätzlichkeit, die andere Firmen vermissen lassen. Die aktuelle ‚Steuer auf Privatsphäre‘ ist ein solches zentrales Problem. Privatsphäre und Datenschutz sollte keine bezahlte Zusatzoption sein, die man sich nach Einkommen und eigener Wertschätzung dazubucht – auch nicht bei Google und Facebook, deren Geschäftsmodell genau diese Datensätze sind.