Zwei rückblickende Gamescom-Gedanken
Die britische EDGE widmet sich in ihrer aktuellen Ausgabe auf sechs Seiten Jaakko Iisalo, „the man behind Angry Birds„. Nach über 300 Millionen Downloads ist ein Portrait des finnischen Exportschlagers durchaus angemessen, obwohl der Beitrag keine grundlegend neuen Informationen enthält.
Die aktuelle Ausgabe lässt sich über die Kiosk-App Zinio für 3.99 Euro herunterladen.
Daran anschließend, weil’s so schön passt, zwei oder drei lose (und verspätete) Gedanken zur Gamescom.
Gegenüber dem letzten Jahr habe ich mir diesmal den Terminkalender vollgeknallt. Alle halbe Stunde wartete ein neues Spiel auf mich – auf den ‚Showfloor‘ habe ich es daher nur kurz geschafft. Während der drei Messetage standen jedoch bei keiner Publisher-Präsentation die iOS-Spiele im Vordergrund. Randerwähnungen waren die Ausnahme.
Das hat mich verwundert, da man sich anhand der vermuteten Downloadzahlen in den App-Store-Charts sehr leicht ausrechnen kann, dass die mobile Plattform (teilweise) erheblich mehr Umsätze einfährt, als die klassischen Silberlinge im Verkaufsregal.
Ich möchte nicht behaupten, die Industrie würde dies unter den Teppich kehren, doch das Publikum bestimmt hier eindeutig die Präferenzen. In diesem Fall geht’s nicht um die Besucher sondern das Fach-Publikum mit seinen Vertretern der Videospiel-Magazine, freien (Special-Interest-)Redakteuren und Online-Portalen.
Das EDGE-Spezial über Angry Birds zeigt vorbildlich dieses Ungleichgewicht. Für ein Feature reicht’s, aber für keinen einzigen iPhone- oder iPad-Spieletest. Kein einziges Review auf immerhin über 160 Heft-Seiten. Ausreden gelten nicht: Im Entstehungszeitraum des Magazins erschienen Final Fantasy Tactics, iBlast Moki 2, Rogue Sky, The Last Rocket, NyxQuest, Let’s Golf 3, Defender of the Crown, Mega Mall Story, Shift 2: Unleashed, EmberWind, Kickin Momma oder Cut the Rope – um nur einige der August-Überflieger zu nennen.
Auch meine sehr geschätzten Kollegen der deutschen Fachpresse sind hier angesprochen. Außer der einen oder anderen Mini-Rezension findet sich wenig greifbares aus der florierenden Smartphone- und Tablet-Welt in deren Publikation. ‚Viertelseiter‘ zählen nicht!
Das hängt mitunter daran, dass mittlerweile die Werbebuchungen für Titel in direkter Abhängigkeit zum Umfang einer Berichterstattung stehen. Natürlich bestätigen positive Ausnahmen die Regel, die hoffentlich für niemanden mehr eine Überraschung sind. Ausdrücklich eingeschoben sei trotzdem, dass sich der Spagat zwischen Publisher-Beziehung und Redaktion durchaus meistern lässt.
(Danke, Fabian!)
Nichtsdestotrotz ist anzuprangern, dass hier, in den Kernmedien zum Thema Videospiele, eine große Gruppe von Menschen, Spielern, einfach nicht abgeholt wird. Klar mag man sagen, dass ‚Casual-Gamer‘ (noch?) keine Fachzeitschriften lesen und das klassische ‚Ein-Mann-Studio‘ keine Printanzeigen bucht. Beide Argumente greifen jedoch zu kurz. Mittlerweile sind Hardcore-Titel für iPhone und iPad von renommierten Entwicklerbuden verfügbar (und verkaufen sich millionenfach). Ich glaube daher nicht, dass es aus Überlebens-Wachstumsperspektive klassischer Magazine clever ist, diesen unbestreitbaren (Aufmerksamkeits-)Sog zu übersehen.
Die ‚Branche‘ sollte genau dies überdenken, wenn das nächste Cover für ein Spiel verkauft wird, das sich läppische 50.000 Mal verkauft. Angry Birds findet so viele neue Spieler an einem gewöhnlichen Samstagvormittag.