Darüber nachgedacht: Apples Abo-Modell nach seiner Ankündigung per Pressemitteilung
Hier ein paar weiterführende Gedanken zu Apples Abo-Modell, das mit der heutiger Pressemitteilung ein paar griffigere Formen annahm.
Amazons Kindle-Buchverkauf ist, nach ein wenig Bedenkzeit im Zusammenhang mit der aktuellen Ankündigung, vielleicht kein von mir gut gewähltes Beispiel gewesen. Trotzdem stellt das Online-Versandhaus auch diverse digitale Abo-(Tageszeitungs-)Angebote bereit, die von der Apple Neu-Regelung betroffen wären. Ändert sich das jetzt vielleicht?
Die aktuelle Umgestaltung betont einleitend explizit ‚Abo-Services‘ wie „beispielsweise Magazine, Zeitschriften, Videos, Musik, etc.„. Das bedeutet nach dem heutigen Stand der Informationen, dass auch Netflix seine Abo-Dienstleistung als ‚In-App‘-Kauf mit der 30-Prozent-Abgabe an Apple anbieten muss.
Der Ansatz für das jetzt vorgelegte Abo-Modell ist interessant, weil es Verlagshäuser dazu herausfordert mit einem extrem einfachen („One-Click“-)Bezahlsystem zu konkurrieren. Es wird spannend sein zu verfolgen, ob diese Herausforderung angenommen wird oder ob man sich unter Gequengel und Jammern dem von Apple vorgegebenen System zuwendet. Dabei zu bedenken bleibt: Bereits jetzt fließt ein guter Anteil des Verkaufspreises von Print-Ausgaben an den Vertrieb mit seinen LKWs und Kiosk-Besitzern.
Die 30-Prozent-Abgabe für digitale Transfer- und Werbe-Leistungen ist für Publisher zwar ungewohnt, sollte aber eigentlich nicht verwundern. Insbesondere dann, wenn man sich an die Infrastruktur eines anderen, bereits groß ausgebauten Vertriebskanals, andockt. Erwartet man allen Ernstes einen ‚Gratis-Fahrschein‘? Das erinnert ja fast an diese ‚Kostenlos-Kultur im Internet‚…
Interessant wird es auch für Musik-Dienstleister. Einige der Streaming-Angebote sollen weitaus weniger als 30-Prozent vom Verkaufspreis als Marge einstreichen. Hank Williams schlussfolgert in seinem Weblog, dass Apple bewusst (Musik-)Anbieter mit knapp kalkulierten Konditionen ausschließt:
But Apple is not stupid, so they have certainly run the numbers. And so it seems that they have decided that they now have a platform that is so popular, that the services that can’t afford to pay them 30% are not needed anymore. In fact, perhaps it might be more accurate to say, these services aren’t *wanted* any more.
Bislang eher schwammig in der Pressemitteilung formuliert, ist die folgende Aussage:
Darüber hinaus müssen Verlage künftig auf Links in ihren Apps verzichten (beispielsweise zu einer Webseite), die es Kunden ermöglicht Inhalte oder Abos außerhalb der App zu kaufen.
Inwieweit Apple dies verfolgt und Apps mit offensichtlichen Link-Platzierung (oder schlimmer noch: ‚Klick-Farmen‘) daraufhin ablehnt, bleibt abzuwarten. Ebenfalls zu gedulden gilt es sich, wie ‚die Verlage von der Möglichkeit Gebrauch machen, zusätzliche Daten der App Store Kunden abzufragen‚. Apple unterstreicht, dass der Umgang mit diesen zusätzlichen Nutzer-Informationen unter ‚die Datenschutzrichtlinien der Verlagshäuser‚ fällt und nicht unter die Apple-Bestimmungen. Voraussetzung soll dafür jedoch sein, dass den Kunden „eine offensichtliche Wahl gelassen wird„. Auch hier wird erst die Praxis zeigen, was von diesem Versprechen übrig bleibt.
Als ‚Deadline‘ für die App-Store-Umarbeitung der Drittanbieter-Programme existiert derzeit übrigens der 30. Juni. Dieser Termin liegt noch zirka vier Monate in der Zukunft. All Things Digital berichtet von einem Memo an Entwickler, das bereits Mitte Januar das Weblog Monday Note zitierte:
For existing apps already in the App Store, we are providing a grace period to bring your app into compliance with this guideline, […] To ensure your app remains on the App Store, please submit an update that uses the In App Purchase API for purchasing content, by June 30, 2011.
(Mir) berichten Entwickler, dass aktuell noch keine Option in iTunes Connect existiert, die das Anlegen der neuen Abos ermöglicht. Inwieweit die finale iOS 4.3-Version dafür von Nöten ist, bleibt abzuwarten. ‚The Daily‚ zeigte bereits vor zwei Wochen, dass ein Abo-Modelle auch unter iOS 4.2.1 eingearbeitet werden kann. Das Murdoch-Fabrikat genießt jedoch eine ganz ‚individuelle‘ Apple-Betreuung, die nicht vergessen werden darf. An Spekulationen über ein Veröffentlichungsdatum von iOS 4.3 beteilige ich mich daher aus dieser Richtung nicht.
Zum jetzigen Zeitpunkt gilt es lediglich festzustellen, dass die Nachrichtenangebote sich erst einmal auf die Lauer legen. ‚The Washington Post‚ (kostenlos; App Store-Link) verlängert in einem gerade veröffentlichten Update die „full-access subscription“ für eine begrenzte Zeit. Inwieweit andere Anbieter ihre Dienstleistungen ausbauen oder vorerst eventuell alles beim Alten belassen, wird sich zeigen. Das man für diese Entscheidung auf die Mitbewerber schielt, ist nur allzu verständlich.