M! Games-Kolumne / November 2010 (online only)
Am 29. Oktober, in rund zwei Wochen, würde an dieser Stelle meine monatliche Kolumne für die M! Games Erwähnung finden. Durch kurzfristige Änderungen am Heftplan fällt meine Seite im September November jedoch raus*. Die 3.000 Zeichen, die ich dem Videospiel-Magazin alle vier Wochen einreiche, waren natürlich schon zusammengehackt. So läuft das halt im Print-Markt…
Schön, dass ich mit diesem kleinen Weblog mein eigenes Verlagshaus bin! Doppelt schön, dass der Text nicht den Weg in die Tonne sondern als frühzeitig veröffentlichte, ohne Lektorat korrigierte, mit Web-Links versehene ‚Online-Only‘-Auflage hierher findet.
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Der Preis ist heiß
Nach vier Monaten steht fest: Apples iPad absolviert den besten Verkaufsstart eines Technikgerätes aller Zeiten. Zumindest dann, wenn man den Analysten Glauben schenken darf, die nach den ersten acht Millionen gläsernen Tablets weitere 45 Millionen verkaufte Einheiten für 2011 prognostizieren. Nach dem sommerlichen Hardware-Hype um den Begründer einer neuen Produktkategorie, flachte mein Interesse an Apples 10-Zoll-Zögling ab. Langsame Erholung stellt sich erst seit wenigen Wochen wieder ein. Keine Frage: Es fehlte Software. Ohne Programme, Spiele und Anwendungen bleibt die noch so modernste Chip-Brutstätte nicht lange von Faszination.
Nach der ersten Dürreperiode finden sich mittlerweile jedoch ein Batzen an überarbeiteten iPhone-Klassikern und neuen Spiele-Experimenten in der iOS-Liga ein. An einigen Umsetzungen arbeiten deren Teams bereits seit der Steve-Jobs-Ankündigung Ende Januar. Neun Monate sind für eine graphisch anspruchsvolle, und mit ausbalanciertem Gameplay bestückte Software, keine Besonderheit. Eine Twitter-App wie Twitterrific verschlang neun Wochen und zirka 1.100 Stunden Entwicklungszeit von zwei Programmierern – die Design-Gestaltung nicht eingerechnet. Mit einem realistischen Stundensatz zwischen 50 und 150 Euro summieren sich kinderleicht Kosten im sechsstelligen Bereich auf. Wer zurück auf einen positiven Kontostand paddeln möchte, benötigt hohe und anhaltende Verkäufe. Das ist teilweise nicht leicht, wenn Benutzer über 500 € für ein Gerät ausgeben, bei den 79-Cent-Titeln jedoch anfangen zu sparen.
Es stellt sich die Frage: Wie viel ist eine Spielstunde wert? Ich zahle mindestens 15 € für den neuesten Action-Blockbuster auf Blu-ray. Ein digitaler Musik-Download kostet knapp einen Euro und die M! Games verlangt monatlich 4.50 € am Zeitschriftenkiosk. Überdrüssig bin ich dem oft herangezogenen Cappuccino-Preisvergleich: Lebensmittel und Unterhaltungsprodukte gegenüberzustellen ist und bleibt schwierig. Die Metapher funktioniert natürlich trotzdem. Vergleichbar leicht gestaltet sich die individuelle Frage nach der persönlichen Wertigkeit: Sind 7.99 € für “Sonic The Hedgehog 4” mit 20 Leveln ein guter Deal? Das ‘Legend of Zelda‘ inspirierte Rollenspiel “Across Age” veranschlagt 15 Stunden Spielzeit. Fallen 5.99 € für die iPad-Version (App Store-Link) dafür zu teuer aus?
Pfennigfuchser
Während ich meine (Freizeit-)Rechnung zwischen Spielstunden an der Konsole und den mobilen Apple-Begleitern ohne Probleme aufdröseln kann, gestaltet sich die Verknüpfung zum Preis-Etikett schwieriger. Für den Neupreis eines PS3-Newcomers wie ‘Medal of Honor’ kann ich im gleichen Gegenwert die bezahlten App-Store-Charts von Position 1 bis 47 aufkaufen. Stürzt man sich lediglich auf die Kategorie der Spiele und greift zu den angesagtesten Titeln im ‘umsatzstärksten’ Segment, lassen sich alle Top30-Games erwerben.
Als Naturgesetzt scheint eine Wechselbeziehung zwischen Preisfindung in Abhängigkeit zur Bildschirmgröße zu bestehen: So wie GameBoy- und PSP-Titel günstiger als ein Spiel für die PS3 oder Wii ausfallen, ist die iPad-Version eines (identischen) iOS-Titels oft doppelt zu teuer. Im Vergleich zur Handheld-Konkurrenz sind iOS-Games jedoch immer noch für einen Wegwerf-Preis zu erstehen.
Schlussendlich ist es daher unbedeutend, ob der erste iPad-Erfolg alle Geschichtsrekorde im Verkauf bricht. Auf dem gemeinsamen iOS-Trittbrett hat Apple bereits den zweiten Fuß in der Tür zum Videospielmarkt.