„Post-iPhone”
„Nicht alles rotierte ums iPhone” – das ist einer der Gründe, warum sich Apples WWDC-Keynote vor zwei Wochen so spannend anfühlte. Natürlich schnappte sich iOS 13 einen großen Teil der Veranstaltung (knapp 40 Minuten ➝ zirka 30% der gesamten Keynote), es war jedoch der Fokus auf die iTunes-Verabschiedung, iPadOS sowie die Hardware-Ankündigungen, die ich diesmal als gleichbedeutend empfand. Und das ist etwas, dass ich über viele der letzten Apple-Präsentationen nicht sagen könnte.
Die Auskopplung von iPadOS, die anvisierte Unabhängigkeit für Apple Watch sowie der wiedergefundene Fokus auf den Mac sind offensichtliche Zeichen für eine Verschiebung von Verantwortung. Apple versucht ihre (finanzielle) Abhängigkeit gleichmäßiger auf die Schultern mehrerer Produkte zu verteilen.
Ein delikater Akt: Das iPhone-Standbein ist weiterhin enorm; Zweidrittel von Apples Umsatz ist dem Telefon zuzuschreiben. Das prägt nicht nur den Produktfokus, sondern es unterdrückt auch gleichzeitig Projekte, die zukünftig relevant werden.
Dies hier schrieb ich zum 10. Geburtstag des iPhones vor zweieinhalb Jahren:
Ich teile die Sorgen, das Apple den nächsten Trend – der vielleicht Google Home, Amazon Echo oder Microsoft HoloLense einschließt, verschlafen könnte, weil es ihnen durch das iPhone zu gut geht. Große Firmen fahren, oft geblendet durch den eigenen Erfolg, nicht selten an die Wand. Erfolg verdeckt Fehler und erfolgreiche Firmen scheitern nicht selten weil sie einfach still stehen und die eigene ‚Cash Cow‘ nicht hinterfragen.
Anfang 2017, nach der harten Kritik auf die neuen MacBook Pros mit Touch Bar und kurz vor der Ankündigung des Mac-Pro-Roundtables, dürfte rückblickend ein entscheidender Moment gewesen sein: Manche nennen es „Apple is Listening”; ich würde sagen: Apple erfindet sich (abermals) neu.
Das moderne Apple, die Firma, die Steve Jobs sich Ende der 90er-Jahre zurückholte, zeigt keine Angst ihre eigenen Produkte in Frage zu stellen, zu kannibalisieren – und sogar abzusägen, wenn dessen Zeit gekommen ist. Der iPod verkörpert diesen Mut wohl am anschaulichsten.
In ein paar Jahren ist es die Apple Watch, die sich problemlos an Kunden mit Android-Smartphone verkaufen wird. Der Weg dorthin ist absehbar; so wie sich das iPhone selbst über mehrere Jahre von iTunes und seiner Desktop-Abhängigkeit trennte. AirPods fallen eindeutig in die gleiche (eigenständige) Kategorie der „Wearables” und Apples beliebte AR-Demos werden sich erklären, wenn es die dafür passende Hardware gibt. Diese Produkte nutzen Apples Telefon möglicherweise als Sprungbrett, bleiben aber kein iPhone-Zubehör.
Nur damit ich nicht missverstanden werden: Selbst mit „The end of mobile” – dem quantitativen Wachstumsstopp von Smartphones – wird das iPhone noch über viele weitere Jahre Apples dominantes Produkt bleiben. Es wird sich nicht nur in seiner Form verändern, sondern Funktionalität bieten, die wir heute noch gar nicht auf dem Schirm haben.
Ich bin mir sicher, dass das Smartphone wichtiger wird als wir es uns aktuell vorstellen können, und trotzdem scheint das iPhone für Apple nicht mehr unantastbar. Es scheint so, als ob sich in Apple Park nicht mehr alles dem iPhone unterordnen muss – sondern ein Eigenleben entwicklen darf. Und das ist für eine Firma, die ein solches Blockbuster-Produkt pflegt, eine sehr gesunde Zukunftsperspektive.