Fernsehen ohne Zukunft
Apple hat damit begonnen, die neue App „TV“ auf Geräten von Nutzern in Deutschland und weiteren Ländern, darunter Großbritannien und Frankreich, freizuschalten. Die neue App erscheint automatisch auf Apple TV (ab der vierten Generation) und ersetzt auf iOS-Geräten die altgediente Videos-App des Betriebssystems.
Apples TV-App landete nun auch hierzulande auf iOS und tvOS, nachdem sie bereits im letzten Jahr in den USA an den Start ging. Es ist der ehrenhafte Versuch empfehlenswerte Inhalte unterschiedlicher Streaming-Kanäle – sowie die ehemals gekauften Film-Downloads aus dem iTunes-Store – in ein elegantes Gewand zu hüllen. Allem voran ist es aber ein schicker Platzhalter für alles das was Apple derzeit noch produziert.
Reminder: if you’re still judging Apple’s original video content strategy on the basis of Carpool Karaoke and Planet of the Apps, you’re way wide of the mark at this point https://t.co/YyLrVYHw3X
— Jan Dawson (@jandawson) 6. Dezember 2017
Der Release – so unspektakulär er ohne Teilnahme von Netflix derzeit sein mag – verdeutlicht die bevorstehende Bedeutungslosigkeit von klassischen Fernsehkanäle in den nächsten Jahren. RTL und Co. werden schlicht kein Platz mehr in unserem Entertainment-Kalender finden. SAT.1 und ProSieben – zwei Marken mit denen ich aufgewachsen bin – sind bereits heute von YouTube und Netflix verdrängt – besonders unter den jungen Generationen. Wenn Amazon, Apple und Disney bald richtig mitmischen, wird noch weniger Zeit für billiges Werbefernsehen sein.
Hinzu kommt: Im Netz halten Google und Facebook ein Duopol für Online-Werbung; Netflix eifert um direkt zahlende Abonnenten und Amazon sowie Apple verdienen ihr Geld (nicht nur sprichwörtlich) über andere Kanäle. Nicht nur inhaltlich, sondern auch betriebswirtschaftlich spricht derzeit alles gegen private Fernsehsender.
Google and Facebook are set to attract 84 per cent of global spending on digital advertising, excluding China, in 2017, according to a forecast from GroupM, the WPP-owned media buying agency, underscoring concerns that the two technology companies have become a digital duopoly.
Und die Verschiebung in den Köpfen beginnt früh: Meine Kids sind inzwischen zweieinhalb und vier Jahre alt und ihnen ist das Konzept, dass sich TV-Shows und Filme ausschließlich zu festen Zeiten abrufen lassen, schlicht fremd. Es wird tatsächlich nicht verstanden. Für sie ist es vollkommen normal, dass alles zu jederzeit abspielt. Es klingt vielleicht banal, aber jemand der so aufwächst, kehrt zu keinem linearen TV-Programm zurück.
Und klar, jeder Privatsender hat seine Mediathek. Aber wie viel Programme will man sich dort willentlich anschauen? Wie viele dieser Shows laufen einfach nur nebenbei mit? Wie viele effektive Stunden Fernsehen produzieren TV-Sender wie RTL 2 oder Kabel 1, die es selbst mit nur durchschnittlichen Netflix- oder Hulu-Produktion aufnehmen können?
Fernsehen, so wie ich damit aufgewachsen bin, versinkt mit Ausnahme von Sportveranstaltungen und (Live-)News in der Bedeutungslosigkeit. Und es ist absehbar, dass das Nachrichtenfernsehen ins Netz abwandert (beispielsweise zu Facebook) und Sport dorthin geht wo tatsächlich Geld gezahlt wird.
Apples TV-App ist ein kleiner Ausdruck dieser fundamentalen Verschiebung, die nicht mehr aufzuhalten ist.