Technik & Fashion: Apple Watch
Das für mich zentrale Zitat aus Grubers exzellentem Apple-Watch-Artikel:
I think Apple Watch is the first product from an Apple that has outgrown the computer industry. Rather than settle for making computing devices, they are now using computing technology to make anything and everything where computing technology — particularly miniature technology — can revolutionize existing industries.
Das moderne Apple bemisst sein Kampfgewicht oft richtig und steigt nur dort in den Ring „wo es die primäre Technologie kontrollieren kann“. Das schließt nicht nur greifbare Produkte ein, sondern auch dessen Industrien. Die Partnerschaft mit IBM ist ein gutes Beispiel. Apple baut iPads nicht für den Geschäftskundenbereich. Apple baut iPads, die man dort (mit der entsprechenden Software) verwenden kann. Sollte der Deal gegen die Wand fahren, verliert Apple kein Produkt. Das Produkt ist abgekoppelt von diesem speziellen Wirtschaftszweig. Es funktioniert autark.
Apple Watch stolpert nicht in die Mode- und Fashion-Industrie, sie betritt bewusst diesen Sektor. Es dürfte ähnlich viel Nachdenken in exakt diese Entscheidung geflossen sein, wie in die Uhr selbst. Doch das Produkt steht für sich alleine, es setzt nicht auf die dortigen Strukturen. Es macht sich nicht abhängig von den dort herrschenden Gepflogenheiten.
A lot of watch people at some point soon will face what I call the „Luddite’s dilemma…“ stick with what you know and love, or brave the promises of the future, with all its uncertainties and learning curves.
„Apple Watch Hands-On: The Wristwatch Just Caught Up To The 21st Century“
Ariel Adams von ‚A Blog to Watch‘ hat Recht, einige Uhrenträger werden vor eine Entscheidung für ihr Handgelenk gestellt: Zeitgeber oder Computer? Für ganz viele andere Uhrenträger ist das keine Frage. Ich komme immer wieder auf Tim Cooks Zitat von der D11 im letzten Jahr zurück.
Ja, auch Uhrenträger dürfen sich angesprochen fühlen, aber Apple Watch nimmt eine Zielgruppe ins Visier, die heute vielleicht eher ein Fitnessarmband trägt.
Und trotzdem wäre es fatal Apple hier zu unterschätzen. Die Firma scheint (auch durch eingekauftes Talent) gelernt zu haben, wie man sich in einer solchen Industrie bewegt.
Apple Watch isn’t a new tech product. It’s Apple’s first product in a consumer category they haven’t entered before, and they’re fully aware of that.
Die erste öffentliche Präsentation nach dem initialen US-Event erfolgte diese Woche in der Pariser Boutique Colette, nicht in einem der beiden eigenen Apple Stores. Ein Signal? Ganz sicher. Eine bewusste Wahl für Europa? Auf jeden Fall!
Das Vogue-Interview mit Jony Ive, in dem er detailliert über Apple Watch plaudert, fand bereits mehrere Wochen vor dem eigentlichen ‚Wish we could say more‘-Event statt. Wann gab es sowas im Hause Apple zum letzten Mal?
Feels nice, doesn’t it?” On my second visit to Cupertino, Ive has finally handed it over: the new Apple Watch. It is more watch than the computer geeks would ever have imagined, has more embedded software than in a Rolex wearer’s wildest dreams. When Ive shows it to me—weeks before the product’s exhaustive launch, hosted by new CEO Tim Cook—in a situation room that has us surrounded by guards, it feels like a matter of national security. Yet despite all the pressure, he really just wants you to touch it, to feel it, to experience it as a thing. And if you comment on, say, the weight of it, he nods. “Because it’s real materials,” he says proudly. Then he wants you to feel the connections, the magnets in the strap, the buckle, to witness the soft but solid snap, which he just loves as an interaction with design, a pure, tactile idea. “Isn’t that fantastic?”
Robert Sullivan | „A Rare Look at Design Genius Jony Ive: The Man Behind the Apple Watch“
Der exklusive Zugang ist erstaunlich, keine Frage. Robert Sullivan durfte nicht nur über Apple Watch sprechen, sondern sie auch tragen. Und trotzdem finde ich es viel bemerkenswerter, dass die Story erst mehrere Wochen nach der Apple-Veranstaltung erschien. Technikpresse hätte Sekunden nach dem Announcement ‚BREAKING NEWS‘ geschrien. Die Vogue wartete mit ihrem weltweit fast exklusiven Einblick einfach mal drei (!) Wochen.
Bereits die Diskussion um eine fehlende Aussage zur Batterielaufzeit hat gezeigt, das klassische Computerblätter ein Problem damit haben werden Apple Watch zu verstehen.
Eine frühe Veröffentlichung hätte für die Vogue-Leserschaft keinen Unterschied gemacht. Wir alle wissen heute nicht mehr als am 10. September. Cook und Ive betonen seitdem auffällig häufig, das Apple Watch kein Steve-Jobs-Produkt ist, breiten ansonsten jedoch den Mantel der Verschwiegenheit über die neue Produktkategorie. Natürlich auch, um der Konkurrenz keine Ideen zu geben.
Im Frühjahr wird es wesentlich konkreter. Der Launch war auch deshalb untypisch. Er beantwortete beispielsweise nie die Frage nach dem Warum. „Apple baut eine Uhr!“, sagte Tim Cook. Das reichte erst einmal allen aus.
This year, we are told, London Fashion Week went digital. Tellingly, it was more about using social media and online shopping to boost sales than about wearable technology. The reality is that wearable technology is still very much on the margins of fashion.
Madeleine King | „Apple Watch, smartwatches and the wearables fashion gap“
Apple Watch wird polarisieren. Es ist das erste Apple Produkte, bei dem man einen Preis zahlt, der sich nicht vorrangig durch den Produktwert ergibt – so wie das in der Mode gang und gäbe ist. Egal welchen Anzug du trägst, alle Kleidungsmarken bedeckt (irgendwie) den Körper und erfüllen damit ganz nüchtern betrachtet ihren Job. Der Markenname bestimmt den Preis. Ein Anzug kann zwischen 50 und 5000 Euro kosten und sich nur leicht durch Material, Verarbeitung und Schnitt absetzen.
Das besondere an Apple Watch ist, dass die 400 US-Dollar-Version, das absolute Einsteigermodell, die exakt gleichen Technikkomponenten besitzt wie die mehrere Tausend Dollar teure Gold-Ausführung. Keine andere Smartwatch spielt in dieser Lifestyle-Liga. Keine andere Smartwatch will in dieser Liga (bislang) spielen.
Apple wiederum hat sich dagegen entschieden ein Technikprodukt für Technikpeople zu bauen. Es will nicht in einem Satz mit der Samsung Gear Live, der LG G Watch oder der Moto 360 genannt werden. Ob Apple Watch einen signifikanten Einschnitt in der Uhrenindustrie hinterlässt (wovon ich ausgehe) oder nur wenige dieser Kunden tangiert, ist zum jetzigen Zeitpunkt relativ egal, weil die Uhr gleichzeitig in mehren Industrien – von Lifestyle über Mode bis Fitness und Technik – funktioniert. Ein echtes ‚Cross-over‘-Produkt.