Pencil für Paper
FiftyThree, das Team hinter der iPad-App Paper (kostenlos; App-Store-Link), verkauft seit Dezember in den USA einen Stylus. Hier ein paar mehr Ersteindrücke zum Pencil.
Der 50-Dollar-Malstift, im Zimmermann-Bleistift-Design aus gebürstetem Aluminum (die Echtholz-Variante für 60 US-Dollar klemmt sich über Magnete an ein Smart Cover), besitzt drei Funktionen: Die vordere Gummispitze malt, die Rückseite radiert und ein Finger eurer Wahl dient zum Verwischen von Farben. Der zuletzt genannte 'Blend'-Effekt, beispielsweise zum Erzeugen von Unschärfe, steht exklusiv nur dann zur Verfügung wenn der Stylus mit dem iPad gekoppelt ist.
Entscheidend ist – für mich als blutiger Amateur1 – nicht das Gewicht von 34 Gramm (die Wallnuss-Fassung fällt leichter aus), sondern wie ausbalanciert der Stift zwischen den Fingern liegt. Exakt hier punktet FiftyThree mit seinem ersten zweiten Hardware-Produkt. Hinzu kommt die exzellente Verarbeitungsqualität, die verspielte Verpackung, die erschwingliche Preismarke sowie eine clevere Software-Integration.
Vier Beispiele zu vier Pluspunkten:
- Die Zeichenspitze lässt sich ohne Werkzeug, lediglich mit einem Handgriff austauschen (im Lieferumfang ist eine Extra-Kappe enthalten). Das kleine Gewinde lässt sich nicht überdrehen und trotzdem leicht entnehmen.
- Pencil kommt in einem stilsichern Pappzylinder, ohne Hartplastik-Schweißnähte, die regelmäßig zu Schnittwunden führen. Es wurde außerdem über die Schutzfolie nachgedacht, um den Stift so einfach wie möglich aus seiner Hülle zu schälen. Wer jemals ein iPhone frisch entblätterte, weiß was ich meine.
- Mit 50 beziehungsweise 60 US-Dollar schnappt sich der Pencil ein freies Preissegment zwischen passiven Stiften (ab 20 Euro) und Bluetooth-Styli (ab 70 Euro).
- Bluetooth LE koppelt das Accessoire direkt innerhalb der Paper-App. Dazu drückt man die Spitze auf einen vorgegeben Platzhalter. „Kiss to Pair“, hier schön im Video zu sehen, ist keine Marketing-Übertreibung.
Das Design ist so clever wie es klingt. Der Akku versteckt sich innerhalb der Hülle in Form eines gewöhnlichen USB-Steckers. Zum Aufladen zieht man die zweiteilige Konstruktion einfach auseinander und nutzt – natürlich ohne Kabel – irgendeinen freien USB-Port.
Das größte Fragezeichen nach der Ankündigung im letzten Herbst: Wie gut funktioniert die Handballenauflage? Kurze Antwort: erstaunlich gut. Schulnote 2+.
Es braucht ein wenig Zeit sich tatsächlich zu trauen die komplette Handkante über das Display zu schleifen. Hat man diese Sicherheit aber erst einmal gewonnen, zeichnet und malt man weitgehend sorgenfrei die Retina-Pixel farbig. Das gute Ergebnis der Technik lässt sich sicherlich auch dadurch erklären, dass der Stift aktiv nur mit Paper zusammenarbeitet. Ein SDK, das andere Entwickler in ihre iOS-Anwendungen schrauben können, ist jedoch in Arbeit.
Was stört ist eine fehlende Drucksensibilität, wie sie Microsofts Surface von Haus aus mitbringt. Wie gut beispielsweise der Intuos Creative Stylus von Wacom funktioniert, der ein „authentisches Stift-auf-Papier-Gefühl“ verspricht, konnte ich bislang nicht ausprobieren. Apple hat bislang ’nur‘ ein entsprechendes Patent beantragt (und zugesprochen bekommen).
Des Weiteren setzt die Gummispitze, die einen Millimeter nachgibt, den Fokus aufs Malen. Das iPad-Zubehör legt keinen Wert auf handschriftliche Eingaben obwohl Pencil als passiver Stylus – außerhalb der Paper-App – gar nicht so schlecht auch dafür funktioniert.
Wer Pencil verwendet, schaltet automatisch das komplette 6-Euro-Sortiment an In-App-Käufen frei. Das ist sicherlich kein Kaufgrund, unterstreicht jedoch die Qualität, die nicht nur den Stylus, sondern auch das Drumherum ausmacht.
- Eine sehr lesenswerte Profi-Meinung zum neuen FiftyThree-Accessoire fand ich bei meiner Recherche bei Michael Rose. ↩