Eine Mentalität der Angst
Über Stiftung Warentest, die sich in ihrer aktuellen Ausgabe einem App-Store-Vergleichstest widmen, lässt sich lächeln und scherzen. Bei der kurzen Zusammenfassung zwischen den unterschiedlichen Anbietern ‚gewinnt‘ der Windows Phone Marketplace mit Note 3,2 – befriedigend. Auf Platz 2 folgt der Android Market. Note 3,3 – ebenfalls befriedigen. Apple ‚erreicht‘ Platz 3 mit einer 3,8, die ins Spektrum ‚ausreichend‘ fällt.
Die darauffolgenden Plätze sind mit (mir) völlig unbekannten Anbietern besetzt. Ein versöhnliches Schlussbild liefern Nokias Ovi Store und die BlackBerry App World mit einem lupenreinen ‚Mangelhaft‘.
An Angriffspotenzial mangelt es dem Artikel nicht. „An die mittlerweile üblichen Qualitätsstandards deutschsprachiger Seiten von Internethändlern kommen die App-Shops bei weitem nicht heran„. Nein, nicht lachen – erst drüber nachdenken. Jetzt lachen!
Der Schlusssatz lautet: „Insgesamt dürften die Zustände auf dem Markt für Apps manchen Beobachter an die Sitten im wilden Westen erinnern – Dagobert Duck würde vermutlich seinen Gefallen daran finden„.
Zum Verständnis: ‚Dagobert Duck‘ fand für diesen ‚Test‘ in der Einleitung seine Erwähnung, die (scheinbar) zur Aufgabe hatte, die Goldgräberstimmung im Geschäft mit App Stores auszudrücken. Der Gedankensprung zur Cowboy-Romantik am Ende ist ähnlich verfehlt. Der gewählte Rahmen lässt sich thematisch (für mich) in keinen sinnvollen (und relevanten) Artikel-Zusammenhang bringen.
Wie gesagt: An Angriffspotenzial mangelt es dem sechsseitigen Print-Beitrag nicht.
Doch wir können die spaßige – vermeintlich elitäre – Diskussionsebene auch verlassen und (weiterhin) ein besorgtes Auge auf die populistische und angstzerfurchte Herangehensweise der Stiftung Warentest werfen.
„Apps sind unkontrollierbar“ sagt Dr. Alexander Dix, Berliner Beauftragter für Datenschutz. Ein weiteres Zitat von ihm lautet: „Wahrscheinlich werden Smartphones in Zukunft verstärkt Angriffsziele für trojanische Pferde und andere Schadprogramme sein„. Passend: Der Artikel trägt die Überschrift „Ungeschützter Datenverkehr„.
Nur um ein Gefühl für das Printerzeugnis zu bekommen, blättern wir einige Seiten weiter. Im News-Teil ‚freut‘ man sich darüber, den „IPv6-Day“ überlebt zu haben. Ein anderer Nachrichten-Schnipsel befasst sich mit den „Viren“ für OS X, die sich „ohne Nachfrage herunterladen“ und „Tastatureingaben überwachen, um Passwörter und Kreditkartennummern abzufangen„.
Mein Problem sind weniger die zum Teil haarsträubenden (Falsch-)Aussagen sondern der fehlende Kontext, durch den das Verbraucherschutzmagazin bewusst Ängste schürt.
Es ist ein konstant bedrohliches Gefühl, das die Technik-Artikel der (aktuellen) Ausgabe begleitet. „Lieber nichts machen!“ ließe sich auf jede Heftseite drucken und würde nicht besonders auffallen.
Anstatt sein Augenmerk kritisch auf relevante (und existente) Probleme wie den undurchsichtigen AGB-Dschungel zu richten, kreidet man jedem App Store ein „fehlendes Impressum“ an. Obendrein gibt’s den Tipp zum „gründlichen informieren über das Angebot und den Anbieter – auch über dessen Firmensitz und das in diesem Land geltende Datenschutzrecht„.
Bei solchen unkonkreten Aufforderungen (woher weiß ich unter welches juristische Hoheitsgebiet die „Samsung Apps“ fallen?), veredelt mit gezielten Besorgnis-Hightlights („nur mit ausreichend Fachwissen handhabbar„), wird sehr wenigen Lesern geholfen.
Mit Verlaub: technikfreundliche Menschen amüsieren sich über viele der Ausführungen; Neueinsteiger lassen sich im schlimmsten Fall von der angestaubten Weltanschauung abschrecken. Dies kann nicht das Ziel einer Verbraucherschutzorganisation sein.