„Hier ist eine rote Linie überschritten worden“: Scheininterview zwischen SZ und Springer
Zwei Verleger, die gemeinsam ein öffentlich-rechtliches Netzangebot verklagen, interviewen sich gegenseitig. Ganze sechsmal fällt in diesem Monolog Gespräch das Wort ‚Qualitätsjournalismus‘. Hier drei dieser hochwertigen Aussagen von Springer-Chef Mathias Döpfner, die unlängst noch ganz anders klangen…
SZ: Die Tagesschau-App wurde bisher 1,7 Millionen Mal heruntergeladen …
Döpfner: … und die Verlage sind froh, wenn sie ein paar Tausend oder auch mal Hundertausend Downloads ihrer kostenpflichtigen Apps bekannt geben können. Es geht schlicht um die Frage, ob Qualitätsjournalismus als Geschäftsmodell noch Bestand haben wird.
25.06.2011 / „Hier ist eine rote Linie überschritten worden“ / Sueddeutsche.de
In Deutschland geht die Umsonst-Kultur zuende. Springer hat bereits 280 000 Apps von „Bild“ und „Welt“ verkauft. Angesichts der Tatsache, dass es hier zu Lande nur knapp zwei Millionen iPhones gibt, eine beachtliche Zahl. „Bild“ ist mittlerweile die meistverkaufte Nachrichten-App des Landes.
08.11.2010 / Springer prognostiziert Ende der Umsonst-Kultur im Internet / Handelsblatt
SZ: Könnten Sie wie alle anderen Medienhäuser nicht selbstbewusster auf die eigene Qualität setzen, in diesem Fall auf eigene, gut oder besser gemachte Apps?
Döpfner: Mit Qualität hat das nichts zu tun. Wenn zwei sehr gute Produkte gleichen Charakters nebeneinander angeboten werden, das eine kostenpflichtig und das andere kostenfrei, dann ist doch klar, wofür der Leser sich entscheidet.
25.06.2011 / „Hier ist eine rote Linie überschritten worden“ / Sueddeutsche.de
Stattdessen heißt es im Verlag, man hänge mit den Applikationen nicht lediglich ein Schloss vor die Inhalte, sondern schaffe ein völlig neuartiges Produkt, mit dem man die Nutzer derart überzeugen will, dass sie ohne Weiteres auf die bisherigen Webangebote verzichten können und hoffentlich auch wollen.
05.11.2009 / „bild.de“ und „welt.de“ wollen iPhone aussperren / DWDL.de
SZ: Bisher sind Sie immer wieder zu Kompromissen bereit gewesen. Werden Sie sich nun anders verhalten?
Döpfner: Ich habe immer versucht, den Konflikt zu moderieren.
25.06.2011 / „Hier ist eine rote Linie überschritten worden“ / Sueddeutsche.de
„Es ist doch absurd, mit den Evangelisten der Open-Access-Bewegung zu glauben, dass die Demokratie im Web nur gewährleistet sei, wenn alles kostenlos ist“, sagte Döpfner dem „Manager Magazin“: „Das sind abstruse Fantasien von spätideologisch verirrten Web-Kommunisten.“
16.12.2009 / Döpfner gegen Umsonstkultur im Internet / N24
An dieser Stelle schreiten netzaffine Menschen gewöhnlich ein und versuchen auf positive Beispiele zu verweisen. Ich bin’s mittlerweile aber leid. Wer nicht in der Lage ist, sich selbst an die eigene Nase zu fassen und weiterhin unbekümmert die Schuld weiterschiebt, hat es nicht verdient gelesen zu werden.
Eine DPA-Meldung per Copy & Paste zu übernehmen, hat nichts mit Qualität zu tun. Als Schüler würde man für’s ziellose Abschreiben ohne Differenzierung eine schlechte Note bekommen und nach Hause geschickt werden. Wertvoll sind Meinungen und eine richtige Nachrichten-Auswahl. Gott, jetzt bin ich schon wieder bei den Verbesserungsvorschlägen…
Findet es doch selbst heraus. Durch den App Store ist mittlerweile neues Geld im Umlauf, das Nutzer versuchen auszugeben. Vorher gab’s das nicht. Unter anderem deshalb, weil ihr es nicht fertig gebracht habt, entsprechende (Bezahl-)Modelle aufzusetzen. Wenn euer Abo-Konzept jetzt den Bach runtergeht, liegt das nicht an der Tagesschau-App und auch nicht an den bösen Lesern. Ganz im Gegenteil: Es ist immer wieder eure Kundschaft, die versucht in den Dialog zu treten.
Und was macht ihr? Schaltet keine Kommentarfunktion, baut Bezahlschranken, programmiert grausame Apps und interviewt euch gegenseitig.