Napster brüllt mit Musikflatrate im deutschen App Store
Konkurrenz belebt das Geschäft: Die iOS- und Android-App vom Musikservice Napster erreicht am heutigen Morgen auch deutsche App Stores (Link). In den USA ist die mobile Musikbörse (unserer aller Jugend) schon seit September 2010 verfügbar.
Nach eigenen Angaben umfasst die Bibliothek, bestehend aus Songs und Hörbüchern, rund 15 Millionen Titel. Insbesondere die deutschsprachigen Hörtexte machen dem Mitstreiter Audible* Konkurrenz. Das Napster-Angebot bleibt in puncto Aktualität und Umfang jedoch weit hinter dem spezialisierten Hörbuch-Verlag – mit zugegebenermaßen ganz anderer Preisstruktur – zurück.
(Danke, Dominik, Jan + Carsten!)
Apropos zurückbleiben: Obwohl sich die monatlichen Kosten von 12.95 Euro* in einem fairen Rahmen bewegen, steckt der gesamte Service in einer (ganz schlimmen) vorzeitlichen Online-Welt fest. Das beginnt beim K(r)ampf um die Anmeldung, streckt sich über einen fehlenden Wiedergabelisten-Sync und endet mit einer abwesenden Mac-OS-App. Der Musik-Konsum im Desktop-Browser, der für beinahe jede Option ein neues Fenster öffnet, benötigt zusätzlich das Flash-Plugin – natürlich!
Ungelogen: Die Erstanmeldung (mit verpflichtender Angabe von Bank- und Kreditkartendaten) hat mich 20 LebensMinuten gekostet. Der verlockende „Jetzt-gratis-testen!„-Button führte vom iPhone aus lediglich in eine Sackgasse, bei dem keine Kombination aus Nutzername und Passwort ein Voranschreiten ermöglichte – der beliebte ‚unbekannte Fehler‘. Mit gehöriger Resignation im Bauch griff ich zum Desktop-Browser, der mir munter verkündete, dass die Sekunden zuvor eingegebene E-Mail-Adresse jetzt bereits in Verwendung sei. Die anschließende PayPal-Zahlung spuckte wilden Programmcode ins Browserfenster und erklärte sich nie offiziell für abgeschlossen. Der Login über ein neues Webbrowser-Fenster klappte trotzdem. Sogar am iPhone konnte ich mich daraufhin einwählen. Dort durfte ich jedoch noch einmal mein Tarifpaket auswählen. Diesmal in US-Dollar (?) aber wieder ohne Bestätigung oder einem Link zurück ins Programm.
Die gescheiterte Eingabe des zuerst frei zu wählenden Nutzernamens sah ich übrigens nie wieder. Erst aus einem Newsletter erfuhr ich, dass meine Freunde mich ab sofort unter ‚ao1306‘ neu kennenlernen dürfen.
Wer eine solche Odyssee bereits zur Anmeldung bewältigt – und ich habe euch die blutigen Einzelheiten stark vereinfacht – hat danach richtig Lust auf Musik! Apples ‚In-App‘-ZwangAngebot kann für mich gar nicht schnell genug kommen.
Sei’s drum: Die iPhone-App ist in der komplexen Mängelliste der einzige Lichtblick. Auch wenn das Programm einer Baukasten-Vorlage für Programmieranfängern entsprungen ist (sich überlappende Text-Boxen, nicht konforme Menüstrukturen, Benutzerführung?), stimmt das generelle Basis-Paket. Mit dem Konzept ‚Masse statt Klasse‘, das hier unverschleiert vorgetragen wird, muss man nicht übereinstimmen. Aber ja: Das Musik-Angebot zum veranschlagten Abopreis ist annehmbar. Das Drumherum jedoch nicht. Und das ist wichtig, wenn man Musik etwas abgewinnen will.
Napster hat zur Jahrtausendwende einen Medienwandel ausgelöst und ganze Branchen revolutioniert. Irgendwie ist es daher auch ein wenig traurig mit anzusehen, wie ein ehemals wütender Tiger, heute im engen Käfig einer US-Handelskette, die qualitätslose ‚All-You-Can-Eat‘-Show abfeiern muss.
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