Downloads und Sync: Spotify greift iTunes an
Gelöste Probleme neu aufgerollt: Wer dachte, mit Apples iTunes-Vorherrschaft im digitalen Musikverkauf wäre das Ende der Fahnenstange erreicht, sieht sich – verstärkt in den letzten Monaten – neuen Mitspielern gegenüber. Während Google sein musikalisches Pokerblatt noch zurückhält, legte Amazon mit dem ‚Cloud Player‘ und ‚Cloud Drive‘ Ende März bereits die Karten auf den Tisch. Jetzt zieht der vermeintliche Underdog ‚Spotify‚ nach.
Betagte iPod-Modelle wie Classic, Nano und Shuffle (Hardware, die sich in den letzten Apple-Quartalszahlen vom App-Store-Umsatz überholen ließ) synchronisieren zukünftig mit dem Spotify-Desktop-Client. Ein Update soll dafür im Laufe des heutigen Tages bereitstehen.
Das iPhone, der iPod touch aber auch Android-, WindowsPhone-, Symbian oder Palm-Nutzer können, unabhängig davon ob sie eine bezahlte Premium-Mitgliedschaft besitzen, ab sofort die mobilen Anwendungen benutzen. Wer eine von den neun Millionen kostenlosen Kundenkonten sein Eigen nennt, darf sich in diese ‚Apps-To-Go‘ einwählen. Das dortige Streaming bleibt zwar zahlenden Kunden vorbehalten, das Programm gleicht jedoch drahtlos (!) die eigenen und auf Spotify erworbenen Songs per WiFi-Sync ab. Hörst du noch zu, iTunes?
Apropos Kauf: Neue Verhandlungen mit den Musikstudios förderten zu Tage, dass ab sofort 100-Prozent des Song-Katalogs erworben werden können und damit auch für Premium-Kunden zum ‚Offline-Stream‘ bereitstehen. Eigentlich unglaublich, dass man es als Erfolg verbucht, wenn sich jemand dazu überreden lassen muss, ein Produkt gegen Geld zu verkaufen.
Im Gegensatz zu iTunes stehen nicht nur Singles und Alben zum Erwerb sondern auch kleine und große MP3-Pakete. So lassen sich beispielsweise komplette Wiedergabeliste, eins der vielen ‚Nonplusultra‘-Features, einverleiben. Das größte Bündel soll der Brieftasche für 100 Songs 55 Euro abverlangen – ein durchaus guter Schnitt.
Trotzdem glaube ich nicht (mehr) ans Musik-Verkaufsmodell. Mit ‚Always-Online‘-Geräten bedarf es nur noch sehr selten einer Offline-Verfügbarkeit. Spotify umgeht dies schon jetzt geschickt, indem sie der iPhone-App einen ‚Available Offline‘-Button spendieren, mit dem sich Songs lokal abspeichern lassen wenn man auf seinem Arbeitsweg im Stau oder in Funklöchern wartet.
Wie Spotify seine P2P-Streaming-Technik löst, hat ein (lesenswerter) Artikel auf ‚Pansentient League‘ kürzlich zusammengefasst. Während die mobilen Anfragen vom iPhone oder der Android-App direkt zu den Spotify-Servern funken, verteilt sich der größte Anteil über ein ‚BitTorrent‘ ähnliches Netzwerk.
Doch auch im ‚Spotify-Land‘ scheint nicht 24 Stunden am Tag die Sonne: Kürzlich limitierte man die neun Millionen ‚Free-User‘ auf eine monatliche 10-Stunden-Musik-Beschränkung. Eine Regulierung, die sicherlich auch dem Umstand geschuldet ist, weiterhin nicht in vielen Teilen der Welt vertreten zu sein (siehe populäre Kategorie: ‚Probleme mit Musik- und Plattenlabels‘).
Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass sich unzählige Premium-Kunden finden würden, wenn das Angebot in den USA oder auch Deutschland auszuprobieren wäre. Natürlich ohne den Nutzer zuzumuten, auf VPN- oder Bezahl-Tricks zurückzugreifen.
Für mich persönlich liegt der Mehrwert in den unzähligen Wiedergabelisten, die Nutzer für sich selbst zusammengestellt und dann auf ShareMyPlaylists oder Spotifylist veröffentlicht haben. Mit nur einem Klick lassen sich diese Zusammenstellungen ‚abonnieren‘ und in die eigenen Hörgewohnheiten einflechten. Wer bereits Erfahrungen mit Spotify-Playlists sammeln konnte, lacht iTunes darüber nur noch höhnisch aus.
Aus all diesen Gründen darf man auf Apples Antwort im bevorstehenden Sommer sehr gespannt sein. Säße ich am Topf des Cupertino-Barvermögens, hätte ich die schwedische Klitsche schon lange übersiedelt und würde meinen Kunden einen schlanken, aufgeräumten, verständlichen und stabilen Musik-Player anbieten. Alles das, was iTunes heutzutage nicht mehr ist.