Neonlicht-Stimmung: Transistor

Ihr seid müde, könnt aber nicht schlafen. Ihr habt Appetit, seid aber nicht hungrig. Ihr habt keine Kraft, geht aber Tanzen. So fühlt sich Transistor (9.99 €; universal; App-Store-Link) an. Betäubend und berauschend; unbefriedigend und mitreißend.

Supergiant Games programmierte nach Bastion (4.99 €; universal; App-Store-Link), ein auch aus heutiger Sicht noch schlicht fantastisches Erlebnis, abermals Endzeitstimmung, die ohne Wenn und Aber der Musik und seinem Erzähler folgt. Erneut ist es Logan Cunningham, der seine rauen Stimmbänder als Sprecher aus dem Off schwingt. Ich könnte dem Mann stundenlang zuhören.

Auch beim Soundtrack setzt das Indie-Studio mit Darren Korb auf die All-Star-Besetzung. Sein Album (8.99 €; iTunes-Link) ist so stimmig, dass man fragt sich: „Was war zuerst da: das Spiel oder der Soundtrack?“

Video

Der Streifzug von Red – unserer Heldin, die Transistor, das überdimensionale Schwert hinter sich herschleift, kämpft sowohl rundenbasiert wie auch in Echtzeit. Den gesichtslosen Killer-Robotern begegnet ihr entweder in klassischer ‚Hack and Slay‘-Manier oder plant einen Angriff strategisch im Detail. Dafür drückt ihr auf dem MFi-Controller die Taste R1 und koordiniert bei pausiertem Spielgeschehen die nächste Attacke1 – bestmöglich so, dass ihr mehrere Gegner in der Arena gleichzeitig trefft.

Man kann zwar auch aktiv laufen, ausweichen und zuschlagen, aber erst wenn man das Spiel pausiert und seine Angriffe sowie Bewegungen mehrere Schritte im Voraus plant, entfalten die Gefechte ihre taktischen Reize: Es fühlt sich an wie Schach auf Speed, wenn man seine Züge vom hinterhältigen Hieb über den alles durchdringenden Strahl bis zur weit fächernden Bombe erst in das Raster speichert und dann vom Stapel lässt – es gleißt, es funkt, es geht ratzfatz und sieht klasse aus.

Jörg Luibl | 4Players

Aber:

Wenn ich die Spielmechaniken von Transistor beschreibe, dann fühlt sich das an, als würde ich mit meinen Eltern über die Feinheiten von Hearthstone-Deckbau sprechen. Nach einem mehrere Stunden dauernden Lernprozess wird die überfrachtete Function-Funktion komplex, taktisch und herausfordernd, der Weg dahin ist aber so verwirrend, dass es schwer zu glauben ist, dasselbe Team hätte das klare und elegante Kampfsystem in Bastion gestaltet.

Dennis Kogel | Superlevel

IPhoneBlog de Transistor

Transistor spielt sich wie ein Fiebertraum: streckenweise wirr, oft euphorisch. Die Waffen-Upgrades habe ich bis zum Schluss nicht verstanden; die Geschichte hält sich insbesondere am Anfang fast ein wenig arrogant zurück. „Denkt euch das mal selbst zusammen“, lautet wohl der pädagogische Ansatz.

Gleichzeitig will man sich vor dem handgezeichneten Neon-flair, den Unschärfefiltern, dem Sprecher und der Musik verbeugen. Für mich ist Transistor die allgemeingültige Definition von hübsch. Deshalb will ich es spielen und deshalb gestehe ihm dabei Unzulänglichkeiten zu.


  1. In hektischen Situationen ist die Touch-Steuerung schwieriger, bleibt aber immer präzise. Transistor lässt sich sowohl mit als auch ohne Controller genießen.