Livescribe 3 – der letzte Smartpen
Die Generation Smartpen läuft (sich) aus. Während in den letzten Jahren Hybrid-Stifte, mit denen man auf Papier schreibt aber seine Aufzeichnungen digital archiviert, praxisnahe Gadgets waren, verabschiedet sich das Konzept langsam. Livescribe Inc. ist eine der letzten bekannten Firmen für diese Technik. Der Smartpen in Version 3 könnte eines der letzten ihrer Modelle sein, die noch eine breite Zielgruppe fanden.
Zwei Gründe:
- (OCR-)Scanner-Software im iPhone ist gut, fast sehr gut. Die rückseitige Kamera fotografiert aufgeschriebenen Text absolut leserlich und arbeitet pfeilschnell. Es dauert keine Minute, in der Apps wie PDFpen Scan+ (6.99 €; universal; App-Store-Link) oder Scanbot (kostenlos; universal; App-Store-Link) fünf DIN-A4-Seiten erfasst haben.
- Die Technik sitzt mittlerweile im Bildschirm. Microsoft kaufte für sein Surface 3 druckempfindliche Displaytechnik, die nicht nur zum Zeichnen, sondern auch für Notizen in Handschrift ideal ist. Das iPad Air 2 ist noch nicht soweit. Ein mögliches iPad Pro mit Force-Touch-Technik liegt aber auf der Hand.
Im Moment bedient der Livescribe 3 Smartpen (zirka 140 Euro; Affiliate-Link) noch eine aktive Nutzerschaft. Das ist in erster Linie seinem Kurswandel geschuldet: Gegenüber dem Echo oder dem Livescribe WiFi, seinen Vorgängern, wurde die Software radikal vereinfacht. Bluetooth ersetzt WiFi; als Mikrofon wird das iPhone verwendet, der Bildschirm am Stift wurde gestrichen, genau wie die komplizierte Desktop-Software1. Ich hatte beide Stifte vor Jahren in Verwendung und mochte sie aus den genannten Gründen nicht. Die stark vereinfachte Herangehensweise, so wie sie der Livescribe 3 jetzt präsentiert, hat Reiz (weshalb ich mir den aktuellen Stift, der bereits im November 2013 erschien, in den letzten Wochen noch einmal intensiv angeschaut habe).
Der Griffel besitzt in seiner Mitte einen strukturierten Ring. Dreht man daran, fährt die Kugelschreibermine aus und die drahtlose Bluetooth-Verbindung zum iPhone/iPad wird aktiviert. Jede Notiz, jede Grafik, die ab jetzt das spezielle Livescribe-Punktpapier erreicht, wandert nahezu in Echtzeit aufs Telefon/Tablet. Sollte kein iOS-Gerät verbunden sein, speichert der Stift die Texteingaben zwischen und überspielt sie bei der nächsten Verbindung.
Alle Niederschriften und Audiomitschnitte – ‚Pencasts‘ genannt, landen in der übersichtlichen Livescribe-Software (kostenlos; universal; App-Store-Link). Von dort schickt man seine Aufzeichnungen zu Evernote oder Microsofts OneNote.
Den Stift selbst empfand ich als rutschig, eher klobig in der Handhabung und in seinem Plastik-Mantel als nicht sehr hochwertig. Wer Wert darauf legt Notizen per Hand zu verfassen, legt vielleicht auch Wert auf einen guten Stift. Ich halte genau das für kein theoretisches Problem.
Nichtsdestotrotz: Der Livescribe 3 tut was er verspricht. In allen meinen Tests übertrug er die niedergeschriebenen Notizen lückenlos – auch nachträglich. Obendrein orientiert er sich ‚nach vorne‘; in Richtung einer Technik, die ihn über kurz oder lang ersetzt. Das ist ihm hoch anzurechnen. Und trotzdem glaube ich, dass der Livescribe Smartpen 3 ein Problem lösen möchte, das ich und viele andere bereits heute nicht mehr haben.
- Dieses (positive) Video-Review demonstriert die Funktionen anschaulich. ↩