Apple Watch: Funktion und Design
It’s pure arrogance for Silicon Valley to imagine that it can make wearables cool by hiring a few fashion people, putting the product on a runway, or throwing money at „collaborations“ with brands. This is a new game they’re trying to play, one with different rules. The rollout of the Apple Watch would look much different if it were orchestrated by a brand like Chanel. Instead of being released at $350, it would hit stores with a price tag in the thousands.
Leslie Price | racked
Abgesehen davon, das ausgewählte Modelle der Apple Watch mehrere tausend Euro kosten müssen, ist „What the Tech World Doesn’t Understand About Fashion“ ein enthüllender Blick auf die Fashion-Industrie. Es ist ein Vorgeschmack auf das, was uns im April erwartet: Popkorn-Kino mit besten Tribünenplätzen wenn zwei Industrien aufeinanderprallen.
Keine der bisherigen ‚Smartwatches‘ wollte bislang auch Mode-Accessoire sein – optisch wie preislich. Apple Watch lenkt dagegen direkt auf Kollisionskurs. Sie spendiert der Technik-Welt Goldarmbänder und der Mode-Wirtschaft einen Supercomputer für das Handgelenk. Mit Freude erwarte ich Schnappatmung auf beiden Seiten.
Wie sicher sind sich Rolex, TAG Heuer und Co. eigentlich das ihre Kunden auch in fünf Jahren noch ein einfaches Zifferblatt, das ausschließlich die Uhrzeit zeigt, zufriedenstellt? Und andersherum: Wie zuversichtlich ist sich Silicon Valley, das nach dem Google-Glass-Debakel, Technologie noch persönlicher als das Smartphone werden muss? Das sind zwei ernstgemeinte Fragen.
Klar, mit einem Starterfolg kann Apple Watch rechnen. Die Schlangen vor den Stores darf man einkalkulieren. Der Marketing-Hebel hat Kraft. Außerdem wohnt den Apple-Spielzeugen bereits ein Sinn und Zweck inne: das verflochtene Ökosystem. Zu einem iPhone gehört ein Mac; zu einer AirPort Express gehört ein iPad, usw.. Apples Produkte sind grundlegend so ausgerichtet, das sie im Verbund Sinn stiften.
Die langfristige Perspektive für diese neue Produktkategorie erscheint mir jedoch nebelig – nicht ungewiss, aber noch nicht abschätzbar. Nach zwei oder drei Monaten mit der Uhr am eigenen Handgelenk weiß man sicher mehr. Apples Blick, der bereits die zweite oder dritte Hard- und Software-Generation umfasst, geht tiefer. Mein Maß an Zuversicht nährt sich derzeit auch deshalb vornehmlich aus dem hauseigenen Cupertino-Optimismus. „We want to change the way you live your life.“ sagte Tim Cook. Und das ist kein Statement, das man leichtfertig macht.
Sobald neue Produktkategorien auf dem Radar erscheinen, schweifen meine Gedanken regelmäßig ins Jahr 2007 zurück. Aus den Stimmen, mit denen die iPhone-Einführung begleitet wurde, kann man heute noch lernen. Absolute Aussagen gewinnen dabei fast nie. Entweder sie stellen sich als komplett falsch heraus (und sind für die nächsten Jahre eine wiederkehrende Lachnummer) oder unterschätzen den eingeleiteten Wandel um Faktor X.
BlackBerry glaubte anfangs beispielsweise nicht, das die Technologie, die Steve Jobs sechs Monate vor dem iPhone-Verkaufsstart zeigte, überhaupt existiert. Auch Jahre später sprachen Sie dem Telefon noch jegliche Fähigkeiten für das Business ab. Was passierte? Chefetagen und führendes Management kauften sich privat iPhones, latschten zur IT-Abteilung und forderten eine Integration. So tröpfelten iPhones (und auch iPads) von oben ins Firmenumfeld. Erst als persönliches Statussymbol, dann aufgrund ihrer überlegenen Funktion.
Wann überwiegen also die Funktionen der Apple Watch, so dass selbst die gehobene Rolex-Kundschaft diese Funktionalität nicht mehr missen möchte? Ist es Apple Pay? Oder Health-Tracking? Wann wiegt der Komfort schwerer als die ‚Das-brauche-ich-doch-eh-nicht‘-Meinung?
Jeder Buch- und Schallplatten-Enthusiast hat heute auch einen Kindle und einen iPod. Niemand der gerne mit Füllfederhaltern schreibt, wehrt sich gegen Computer. Steht die alte Technologie an unserem Handgelenk vor einem ähnlich fundamentalen Umbruch?
Anders als beim iPhone steigt Apple Watch nicht nur im hochpreisigen Segment ein, sondern auch mit einer Discount-Ausführung. Dabei ist der Computer in jeder Apple Watch identisch – in allen Kollektionen, egal ob man 350 oder 10.000+ US-Dollar ausgibt. Der Angriff kommt also nicht nur auf Augenhöhe. Apple Watch besitzt dadurch das Potenzial den Markt auch von unten aufzurollen. Ein Fokus auf die Preisgrenze bis 1000 US-Dollar erscheint mir entscheidend.
Wenn sich Funktion durchsetzt – wenn das was die Uhr kann vielen Käufern hilfreich erscheint, ist der Weg von der traditionellen Uhr zur modernen Smartwatch, so wie sich das Telefon zum Smartphone wandelte, ein logischer Schritt.
Aber Funktion kann nicht ohne Design. Deshalb hat sich bislang keine andere Smartwatch verkauft. Ohne Design, ohne das, was als begehrenswert empfunden wird, ist es egal wie viele Sensoren Funktionen die Uhr zu Anfang mitbringt. Und Design ist bei Technologie, die uns noch näher kommt, die zwangsläufig ein persönliches Statement transportiert, wichtiger als bei den Mini-Computern, die sich in unseren Hosentaschen vergraben.
Funktionalität kann man objektiv bewerten; über Design hat jeder eine eigene Meinung. Tim Cooks Versprechen für Apple Watch ist unmissverständlich: „It’s something functional, yet incredible beautiful.“ Apple ist schon lange keine Computerfirma mehr1. iPhones und iPads sind der typischen Technikindustrie mittlerweile entwachsen. Apple Watch ist aber das erste Produkt, das dies für jeden deutlich machen wird.
- Mit Apple TV und iPhone als zwei weitere Standbeine neben dem klassischen Computer-Geschäft benannte Steve Jobs Apple Computer, Inc. am 09. Januar 2007 zu Apple Inc. um. ↩