„Who watches the watch?“
Steve Jobs zeigte das Ur-iPhone im Januar 2007. Bis das Telefon jedoch in die ersten Kundenhände fiel, verstrichen noch einmal sechs Monate. Dieses erste Halbjahr, das kaum neue Informationen bereithielt, geschweige denn persönliche Erfahrungsberichte, ähnelt der Apple Watch. Niemand weiß viel, doch alle äußern ihre Meinung.
Speziell zum Jahreswechsel schwemmte es noch einmal unzählige dieser niedergeschriebenen Vermutungen über den trockenen Nachrichten-Strand.
Die Stimmung der Statements schwankt zwischen diesem…
Several people, companies, and entire industries are counting on it to be a hit. Without hyperbole, the Apple Watch has the potential to create new billionaires and to change the way people live.
…und jenem.
Another market where the reality will not live up to the hype is wearables. The Apple Watch will not be the homerun product that iPod, iPhone, and iPad have been. Not everyone will want to wear a computer on their wrist. Eventually, this market will be realized as the personal mesh/personal cloud, but the focus on wearables will be a bit of a headfake and take up a lot of time, energy, and money in 2015 with not a lot of results.
Ich halte es dagegen mit moderatem Optimismus.
It's generally unwise to have a strong opinion about a fundamentally new experience that you haven't actually experienced
— Benedict Evans (@BenedictEvans) January 3, 2015
Optimismus? Definitiv! Sonst endet man irgendwann in einer dieser gemütskranken Neujahrsansprache von Dan Lyons.
Apple might sell a lot of watches to the faithful, and no doubt the bozos will line up outside stores again just because they love to stand outside in lines. Look at me! I’m so techie! Tim Cook will claim it’s a huge victory. Apple will constrain supply to make it look like there is huge demand and they’re selling them as fast as they can make them and they’re way ahead of plan. But this is not iPhone Redux. The watch is a limited thing, and won’t move the needle.
Apropos depressiv: Daniel Eran Dilger zerlegt auf AppleInsider das vergangene Jahr von Apple im Kontext seiner Mitbewerber und den daran beteiligten Analysten – ein etwas anderer Rückblick.
Seine Argumentation ist durchgehend fundiert, schlägt aber manchmal in zu viele Richtungen gleichzeitig. Dass diese Marktbeobachter der Firma Apple für mediale Aufmerksamkeit und / oder zur absichtlichen Börsen-Beeinflussung oft haarsträubende Einschätzungen abgeben, ist keine News mehr. Und einige der Entwicklungen aus dem letzten Jahr, die gegenläufig zu den provokanten Anti-Apple-Parolen verliefen, waren schlicht nicht abzusehen. Dass Samsung als direkter Konkurrent beispielsweise keinen einzigen Smartphone-Hit landete, überraschte. Dass 64-Bit weiterhin ein Apple-Alleinstellungsmerkmal bleibt, war so nicht zu erwarten. Dass iOS 8 zum Start ordentlich Sand im Getriebe hatte, war nach dem bereits holprigen iOS-7-Start ein Jahr zuvor, auch keine populäre Vermutung.
Und damit schließt sich der Kreis zur Apple Watch, von der wir alle noch viel zu wenig wissen um Kaufabsichten prognostizieren zu können oder ein Rätselraten über dessen finanzielle Umsätze zu beginnen. Wir wissen derzeit noch nicht einmal die Verkaufspreise der unterschiedlichen Modelle, die vielleicht Ende März in den USA starten. Trotzdem mangelt es nicht an Vorhersagen. Jene Klasse von Vorhersagen, die Daniel Eran Dilger rückblickend so schön demontiert.
Bei so vielen unbekannten Variablen ist eine tatsächliche Bewertung, abseits der Idee, schlicht unseriös. Wie hoch die Idee wachsen kann, muss sich erst noch zeigen. Die zugrunde liegenden Voraussetzungen, ein Produkt für das Handgelenk zum Vergnügen, zur Selbstverwirklichung und in der Kategorie Mode unterzubringen, erscheint mir aber zielführender als die emotionslosen Smart-Uhren, die wir bislang zu sehen bekamen.
Apple Watch startet in eine Zeit, in der ‚Messenger‘-Apps boomen. Kaum ein Software-Produkt ist persönlicher. Alleine im letzten Jahr verzeichneten wir die WhatsApp-Übernahme, die Auslagerung des Facebook-Chats sowie rasantes Wachstum für LINE und WeChat. Messenger dominieren das Thema und Apple Watch, mit seiner tiefen iPhone-Integration, erscheint geradezu prädestiniert für diese Disziplin.
Over the next decade — as Apple Watch’s “computer on a chip” becomes more powerful, as voice input becomes more useful, as Apple executes more of its health and smart home plans, as people recognize Apple Watch’s convenience — almost all watches will become smartwatches, similar to how all cell phones are becoming smartphones.
Matt Richman | „TAG Heuer And The Future Of The Luxury Watch Industry“
Man spürt, dass Apple Watch eine neue Kategorie von Produkt verspricht; dass sich der Release als einschneidende Zäsur ankündigt. Noch lässt sich der Finger nicht präzise auflegen. Noch ist ungewiss, wie die Wearable-Welt nach der Apple Watch aussieht. Die Stimmung, das Timing und die Idee, die den Launch begleiten, erinnern mich aber schon jetzt an die erste Jahreshälfte von 2007.