Canons ‚Legria mini‘, die Selfie-Cam
So eine GoPro lächelt mich immer mal wieder an, wenn ich auf YouTube über entsprechende Action-Clips stolpere. Dann fällt mir auf: Meine Zeiten als todesmutiger Klippenspringer und Segelflieger sind vorbei1. Der Wunsch nach einer Hosentaschen-Videokamera, die mit mehr Weitwinkel beispielsweise ein Interview für mich als One-Man-Show einfängt, damit ich gleichzeitig mein iPhone für Fragen und (Audio-)Notizen freihalte, bleibt. Alle Video-Blogger und YouTube-Sternchen können diesen Reiz sicherlich nachempfinden.
Die Canon Legria mini (Affiliate-Link) ist die perfekte Selfie-Kamera. Die Beschreibung „Ultraweitwinkel“ ist dabei keine Übertreibung. Der eingefangene Ausschnitt ist im Vergleich zu den Gehäusedimension beeindruckend (obwohl das Bild an den Rändern kräftig verzerrt). Bei Bedarf lässt sich die Fisheye-Optik auf 35mm 'zurückdrehen'. Das raubt dann aber auch den perspektivischen Effekt, der in Full HD als alles, nur als nicht langweilig, beschrieben werden kann. Durch die Mini-Größe, das reduzierte Gewicht und den Stand- sowie Stativ-Fuß sind interessante Betrachtungswinkel möglich.
Ich spare mir an dieser Stelle eine detaillierte Funktionsbeschreibung der Kamera mit klappbarem LCD-Screen2. Der kleine Camcorder interessiert hier, weil Canon eine Adhoc-Verbindung über WiFi mit einem iPhone anbietet, das die MP4-Clips direkt in den (iMovie-)Schnitt oder zu einem Backup-Dienst übergibt. Leider ist genau dieser Aspekt, auf den es mir beim Mini-Camcorder ankam, schauderhaft umgesetzt.
- Zum Fernsteuern und Entgegennehmen der Aufnahmen existieren zwei separate Apps. CameraAccess (kostenlos; universal; App-Store-Link) + Movie Uploader (kostenlos; universal; App-Store-Link fehlt jedoch jeder Appeal.
- Bis das WiFi-Netz aufgespannt ist und der Transfer aus dem PLAY-Mode beginnt, ist locker eine ganze Minute verstrichen. Wird die Kamera Zuhause, in einem bekannten WiFi-Netz benutzt, verlieren das Aufnahmegerät und das iPhone gerne mal die Verbindung.
- Der Import von Videodateien, die einige hundert Megabyte groß sind (eine HD-Videominute nimmt zirka 100 Megabyte ein), sind ohne Fortschrittsbalken und deutlicher Aufforderung die App nicht zu beenden, anstrengend.
Stellt man ernsthafte Ambitionen an diese Art von Kamera, die zirka 250 Euro kostet, ist der größere Bruder, die Legria mini X, eine eindeutig bessere Wahl. Sie besitzt einen eigenen Mikrofon-Eingang und zeichnet sogar das Audio dort und gleichzeitig mit dem integrierten Stereo-Mikrofon auf zwei getrennten Spuren auf. Außerdem besitzt sie einen Mode für Slow-Motion-, Zeitraffer- und Intervall-Aufnahmen. Das erwachsene Modell beginnt allerdings erst bei 400 Euro (Affiliate-Link). Und in puncto iOS-Software ändert sich natürlich nichts.
Die Legria bringt als iPhone-Partner alle richtigen Ansätze mit um ein mobiles Aufnahmestudio aufzuwerten. Das größte Argument ist dabei das klappbare Display, das in dieser Form kein Smartphone mitbringt (die Frontkamera aller Telefone ist durchweg schlechter als die Rückkamera, bei der man sich selbst dann aber nicht sieht). Egal wie gut und interessant ein Gespräch ist, wenn die Teilnehmer nur halb im Bild sitzen, schaut keiner zu.
Trotz harscher Kritik: Canon hat hier ein interessantes Produkt im Sortiment. Würden die angesprochenen Fehler ausgemerzt, speziell mit der Übertragung auf den Desktop und das iPhone, hätte die sehr spezifische Zielgruppe sicherlich auch kein Problem damit noch etwas mehr zu zahlen.
- Ich bin nie von einem Riff gesprungen, das höher als zwei Meter war. Und ich habe mich auch noch nie unter ein motorloses Trapez geschnallt. Ich saß aber mal auf dem Beifahrersitz eines Rallye-Weltmeisters (falls das als waghalsig gilt). ↩
- Die Startzeit der Kamera ist mit fast 10 Sekunde zu lange, anstelle von Micro-SD-Karten wären die weitaus gängigeren SD-Karten ein Zubehörvorteil, einen Bildstabilisator scheint für Canon als Hersteller nicht unbezahlbar und die Laufzeit von einer Akku-Stunde ist eher am unteren Ende der Möglichkeiten. ↩