Apples Kartenproblem. Die Lösung: Alle gegen Google.

Das neue Google Maps, derzeit nur auf Einladung und im Desktop-Browser, ist verspielt und nicht weniger als beeindruckend. Ich hab’s ausprobiert.

Im Vorfeld der anstehenden WWDC erinnert Daniel Jalkut (MarsEdit) an die zentralen Probleme mit Apples Karten. Einer davon ist und bleibt, dass der Button „Problem melden“ keine Auswirkungen zeigt. Oder wie viele eurer Änderungen sind bislang beachtet worden?

In order for Apple’s customers to continue “reporting a problem” with Maps, they need to feel that their reports are having some impact. They need to feel respected. Ideally, good reports would lead to timely corrections on a mass level that would benefit all other iOS users. Anecdotally, this is not happening.

Respect The Crowd

Das Problem ist jedoch größer als mein kleiner Kiosk in Helsinki, der (auch nach acht Monaten noch) auf der falschen Straßenseite verkartet ist. Apples (fahrlässige) Nichtbearbeitung nährt eine Kultur, die die potenzielle Teilnahmebereitschaft abwürgt. Und genau diese gilt es eigentlich anzukurbeln.

Google ackerte bereits über fünf Millionen ‚Street View‘-Meilen ab; Nokias HERE Maps beziehen Daten von Logistikunternehmen wie UPS, die pro Jahr 3.3 Milliarden Meilen bereisen und trotzdem liefern oft erst die lokalen Check-Ins von Foursquare und Co. die wirklich hilfreichen Datenpunkte.

Als Googles Bernhard Seefeld in der letzten Woche die I/O-Bühne betrat, zeigte er ein Foto der anwesenden Zuschauer, das er erst wenige Minuten zuvor mit seinem Nexus geschossen hatte, dem Moscone Center und der Veranstaltung aber bereits im Maps-Katalog zugeordnet war.

Exzellent einerseits, zunehmend gruselig auf der anderen Seite.

Vic Gundotra ließ in einem Nebensatz zum neuen Auto-Fotoeditor auf der Entwicklerkonferenz fallen, dass sich die Mountain-View-Server in den letzten zwei Wochen mal kurz durch alle Bilder aller Nutzer auf Google+ filterten. Das Motto: Erst machen, dann Bescheid sagen aber nie fragen.

In diesem Zusammenhang ist das anmerkenswert weil Apple und Google speziell aus Gründen betreffend der Privatsphäre getrennte Wege gehen. Berichtet wurde: Google wollte mehr Nutzerdaten aus den ehemaligen iOS-5-Karten quetschen (von einer permanenten Latitude-Ortung war beispielsweise die Rede). Apple war jedoch nicht bereit diese persönlichen Informationen zu teilen. Als Druckmittel hielt Backend-Lieferant Google seine Vektorkarten und (gesprochene) Fahranweisungen zurück.

Diese Gespräche laufen nicht erst seit letztem Jahr auseinander. Und es ist nicht davon auszugehen, dass die getrennten Wege sich in naher Zukunft wiederfinden.

IPhoneBlog de Google Maps Browser

Nun gut. Google Maps hält also eindeutig die überlegende Hand beim Kartenspiel. Die Ansage auf der I/O war dazu unmissverständlich:

„Google Maps for iPhone is sleek, simple, and let’s not forget, accurate.“

Daniel Graf

Da Google jedoch auf die iOS-Hardware angewiesen ist (immerhin sind es iPhones und iPads die den Traffic erzeugen), schreitet das ‚Katz und Maus‘-Spiel voran1.

Damit ist die derzeitige Situation, in denen iOS-Nutzer aus zwei sehr gute Kartenanbietern wählen, zufriedenstellend. Sich aber langfristig darauf zu verlassen, wäre kurzsichtig.

Apples Chance, abseits der finanziellen Übernahme diverser Check-In-Navi-Dienste, liegt in der eigenen Firmenpolitik. Ein Schulterschluss mit Open-Source-Projekten wie den OpenStreetMaps, zur gemeinschaftlichen Datenpflege, die über den Aufruf ein ‚Problem zu melden‘, hinausgeht. Das Kartengut aktiv mitzugestalten um es im Wikipedia-Stil wieder der Community zurückzugegeben, würde Apple Maps sehr flott auf Augenhöhe katapultieren.

Die lizenztechnischen und juristischen Details sind dafür keine leichte Aufgabe. Der firmeninterne Kulturwechsel ist allerdings die größere Herausforderung – selbst wenn ein freies Gegengewicht zu Google Maps, aufgesetzt als positiver Konkurrenzkampf, schon alleine durch die positive Presse zu rechtfertigen ist.

Durch die Smartphone-Dominanz befindet sich Apple in einer privilegierten Position, überhaupt in diese Richtung zu denken. Ob sie’s tun? Nein. Aber das Gedankenspiel war’s (mir) wert.

So what are we doing? We’re putting all of our energy into making it right. And we have already had several software updates. We’ve got a huge plan to make it even better.

Tim Cook


  1. Google Maps fürs iPad kommt im Sommer.