Risikolos: Need for Speed™ Most Wanted
Need for Speed Most Wanted (5.99 €; universal; App-Store-Link) fehlt Persönlichkeit. Selbst nach drei Spielstunden kann ich die zehn (kurzen) Rennstrecken, auf denen unterschiedliche Asphalt-Disziplinen stattfinden, nicht auseinanderhalten. Markante Kurven oder spitz zulaufende Tunneleinfahrten, die sich ins Muskelgedächtnis einbrennen, fehlen. Computergesteuerte Straßen-Rowdies, die mit euch gemeinsam auf die Ziellinie zubrettern, ähneln Geisterfahrern und sind nur durch Nummern von einander zu unterscheiden.
Über den Polizeifunk krächzt es immer wieder die gleichen Phrasen – Straßensperre hier, Nagelbrett dort. Für Preisgelder, die mir das nächste Lizenzauto finanzieren, wiederhole ich unzählige Male den gleichen Rundkurs ohne dafür auch nur einen schulterzuckenden Kommentar aus den Reihen der Spielführung zu bekommen. Der Verfolgungsjagd fehlen mitreißende Renn-Buggy-Momente – alles fühlt sich abgekartet an.
Soweit meine muntere Einleitung. Viel mehr ist an der großen EA-Franchise, umgesetzt von den ‚Real-Racing‘-Firemonkeys, allerdings nicht zu kritisieren. Der Straßenschotter glänzt; die Lichtreflektionen der nächtlichen Metropole und die Feuerfunken, die euch beim Zusammenprall mit der Leitplanke um die Ohren fliegen, heben das Grafikniveau von iOS-Rennspielen auf ein selten gesehenes Level. Davor ziehe ich meinen Hut.
Im Gegensatz zu Most Wanted auf der Konsole schaukeln iPhone- und iPad-Piloten ihre Viper, ihren Hummer oder Porsche nicht durch eine offene Welt sondern nur über klassische Rennspiel-Rundkurse. Warum so wenig Mut?
Polizeistreifen nehmen keine Rücksicht auf das eigene Wohlbefinden und kreuzen die Ideallinie hemmungslos. Die Kollisionsabfrage, die dazu führt einen Ordnungshüter ‚abzuschütteln‘, funktioniert nur in bestimmten Winkeln. Die Crash-Begeisterung hält sich deshalb in Grenzen. Auch hier hätten mehr Burnout-Autorität gut getan.
Die zwei Steuerungsmodi funktionieren ohne Tadel. ‚Drifts‘ leiten präzise eine langgezogene Kurve ein und die Nitro-Leiste für eine Extraportion Geschwindigkeit lässt sich fein dosieren. Das Gaspedal drückt für euch der Computer.
Mein Resümee lautet: exzellente Technik, risikolose Umsetzung. Trotz aller Kritik fordere ich jedoch keine Spielminute zurück. 6 Euro kaufen einen kurzweiligen Highspeed-Ausritt für Zwischendurch.