Wer darf was im Internet? Das Tagesschau-Urteil.
Acht Zeitungsverleger hatten gegen die ARD geklagt, weil ihrer Ansicht nach die erfolgreiche Tagesschau App zu presseähnlich sei und die Textbeiträge nicht ausreichend auf die Berichte der Fernsehausgabe der Tagesschau bezogen seien. Damit, so das Argument der Verleger, verstoße die Anwendung gegen den Rundfunkstaatsvertrag.
„Wir werden die Tagesschau App nicht verbieten oder nicht nicht verbieten“ sagte Dieter Kehl, der Vorsitzende Richter am Kölner Landgericht bereits im vergangenen Jahr. Zwei Aufforderungen an die acht klagenden Zeitungsverlage und die ARD, sich doch gütlich außergerichtlich zu einigen, scheiterten. Jetzt steht ein (kurioses) Urteil, das die Version der Tagesschau-App aus dem Juni 2011* verbietet.
Die App sei ein ein nicht-sendungsbezogenes, presseähnliches Angebot. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch der Verleger sei damit begründet. Ein generelles Verbot sei jedoch nicht möglich, weil die App das Genehmigungsverfahren des Drei-Stufen-Tests durchlaufen hat, den der Staatsvertrag vorsieht.
Die App sei „als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften geeignet (…) – mit einer Informationsdichte, die an diejenige herkömmlicher Presseerzeugnisse heranreicht“. Daran änderten auch die Verknüpfungen mit Hörfunk- oder Fernsehbeiträgen nichts. Zugleich seien die Angebot der App „nicht hinreichend sendungsbezogen“. Ein generelles Verbot der App lehnte das Gericht jedoch ab.
An der zur Schau gestellten Hilflosigkeit von SZ, FAZ, WAZ und der Axel Springer AG, die der Gang vor Gericht zeigte, ändert das Urteil nichts. Kein Geschäftsmodell schießt durch die Decke, nur weil das Angebot der Tagesschau weniger, oder weniger prominent platzierte Texte enthält – von einem Download-Verbot einer alten Version ganz zu schweigen. Eine Neuauflage der Streitigkeiten ist lediglich eine Frage der Zeit.
Ungeachtet dessen: Wer heute Spielregeln von Netzinhalten fordert, um eine alte Gewaltenteilung aufrechtzuerhalten, hat das mit diesem Internet noch nicht richtig verstanden.
Die iPhone- und iPad-App der Tagesschau, aktuell mit zirka vier Millionen Leser und Zuschauer, lässt sich weiterhin kostenlos im App Store (Link) herunterladen.
* Im Juni 2011 befand sich die Tagesschau-App auf Version 1.1.1. Die derzeit aktuelle Software 1.1.3 stammt aus dem November 2011.