SDK – Meinung
Weitere qualifizierte Meinungen zum SDK trudeln ein. Nachdem einige amerikanische Entwickler – durch gefühltes Losverfahren wieder aus dem SDK-Programm geladen wurden – konnte ich eine weite Stimme aus Mac Entwicklerkreisen einfangen.
Das Wort hat Andreas Fink!
Photo: Simon Davison (cc)
Ich bin seit 1988 Mac Entwickler und muss wie viele andere auch mit Schrecken feststellen, dass Apple sich zu einer zweiten Microsoft mausert. Spezifisch zum iPhone SDK kann ich nur den Kopf schütteln.
Apple wollte ursprüngich keine 3rd Party Apps haben. Web 2.0 sei alles was es geben wird. Pustekuchen sagten die Entwickler und das iPhone wurde gehackt und tausende von mehr oder weniger sinnvollen Apps sind enstanden. Naja das ist zwar interessant aber für kommerzielle Developer nicht unbedingt der richtige Weg weil man nicht davon ausgehen kann das fast jeder ein geknaktes iPhone hat. Zumindest hat es Apple dazu bewegt mit einem offiziellen SDK zu kommen.
Wir haben natürlich mit Hochspannung das offizielle SDK erwartet. Unser Ziel war es einige brennende Probleme des iPhones zu lösen die Apple in Unkenntnis des europäischen Marktes schlichtweg vergessen hat. Identifiziert haben wir folgende Hot Areas für unsere Entwicklungen:
- MMS
- Bluetooth modem
- Bluetooth filetransfer (OBEX)
- Bluetooth sync
- Adressbuch auf der Simkarte benutzen oder importieren
- SCTP Support für Apps
Dabei sind wir überall voll an die Wand gelaufen
1. Builden geht aber installieren nicht (ich hab nirgends gesehen das es einen speziellen Key braucht, geschweige den wo man ihn installieren sollte oder wo man ihn kriegen könnt, insbesondere als nicht Amerikaner.) Fehler -34 ist alles was ich krieg.
2. Viele Dinge brauchen gemeinsamen Code. Dafür gibt es shared libraries. Das SDK kann diese aber nicht builden. Kann man lösen in dem man alles statisch ins Projekt hineinkopiert aber wirklich sinnvoll ist das ja nicht. Unser WAP Stack ist somit gekillt.
3. Hintergrundprozesse sind verboten. D.h. man kann keinen Daemon bauen der auf Bluetooth filetransfers antwortet, syncht oder als modem fungiert. Bluetooth projekte sind somit gekillt
4. Kernel Extensions sind verboten. Das killt SCTP. Ein Netzwerkprotokoll das ideal fürs iPhone währe da es multihoming (GPRS/EDGE versus WLAN) beherrscht und somit Verbindungen beim Wechsel von GPRS zu WLAN und zurück offen behalten kann. Linux hats, Solaris hats, HP Unix hat’s. Window’s habens. Nur MacOS X nicht. Nicht mal im Desktop (obwohl’s da nen Umweg gibt die ne unsupportete API nutzen muss und daher kernel versions abhängig ist. Versprochen wurde es mir an der WWDC 2004, 2005, 2006. „Vielleicht 10.4.8 aber spätestens in 10.5“.
4. Es gibt kein API um mit SMS zu arbeiten. D.h. man kann keine SMS Meldungen empfangen die WAP Push oder MMS notifications enthalten. MMS projekt gekillt. Schach via SMS gekillt. Crypto SMS gekillt.
5. Die Sandbox schotet uns von aller Hardware ab. An einen Import von der SIM karte ist daher nicht zu denken. Projekt gekillt.
Nun das bedeutet das meine Top 5 „most wanted european features“ gekillt sind. D.h. ich darf mich einreihen in die 192764652 Entwickler die auch noch ein Tetris für’s iPhone bringen und muss mich dann auch im gleichen Store mit denen Tummeln. Wie soll da der Käufer entscheiden? Schlussendlich wird Apple zum Richter wer was verkauft.
Ich finde den Zwang via iTunes Store zu verkaufen als ein Affront. Es gibt Länder in Europa die haben keinen iTunes store, geschweige den Video’s oder TV Angebote. Insofern wird es noch ein Jahrzehnt gehen bis der AppStore Europa vollständig abdeckt. Auch gibts viele andere Orte wo Kunden solche App’s suchen wie Handango, Kagi oder ähnliche Platformen. Wieso soll ich also 30% an Apple abgeben damit ich dort bin wo keiner guckt und ich meinen Markt einschränke?
Apropos Markt: Wenn ich die Verkaufszahlen von iPhones in Deutschland nehme und diese Proportional zur Bevölkerungszahl der Schweiz setze, komme ich zum Schluss das in der Schweiz ca. 7’000 iPhones in den ersten 1-2 Monaten verkauft würden. Man muss diese Zahl mal in Relation setzen zu der Aussage von Swisscom Mobile dass sich in ihrem Netz heute bereits 15’000 iPhones tummeln. D.h. wenn Swisscom mal in der Schweiz das iPhone launcht, dann ist die Distribution via iTunes ein vernachlässigbarer Markt.
Meiner Meinung nach braucht der Marketing Manager iPhone von Apple mal eine kräftige Ohrfeige. Die Verkaufsstrategie für USA funktioniert definitiv nicht für Europa. Und weil der liebe Mensch keine Ahnung hat wie die Welt ausserhalb von USA funktioniert, wirds ein riesen Flopp. Apple sollte sich auf die Wurzeln ihres Erfolges besinnen. Die Entwickler haben aus Apple das gemacht was Apple heut ist. Und die werden wie Stiefkinder behandelt. Als Entwickler die nur im Sandkasten spielen dürfen.
Ich kann daher nur zum Protest aufrufen. Lasst euch das nicht gefallen! Europa wird als Markt ignoriert. Europäer haben mindestens 6 Monate länger aufs iPhone warten müssen und müssen Knebelverträge unterzeichnen, kriegen kein SDK und kriegen nicht mal iPhones in vielen Ländern.
Meiner Meinung nach gibts hier folgende Wege Apple klar zu machen das der closed community Approach nicht funktionieren wird:
- Jeder Entwickler der diesen Podcast hört soll Bugreports bzw. Feature request schreiben. Beschwert euch was fehlt. Weisst darauf hin das ihr keine Apps schreiben könnt gerade weil man in der Sandbox steckt. Und macht Kopien der Bugreports und postet die Bugreport Nummern in die entsprechend passenden Foren. Apple hat schon viele Bugreports einfach stillschweigend gelöscht. Also merkt euch eure Bugreports und reklamiert wenn sie verschwinden! Auch so eine unsitte die Bugreporter im Dunkeln zu lassen.
- Überschwemmt Apple Developer Technical Support mit Anfragen wieso ihr als Europäer keinen Zugriff habt. Wieso amerikanische Entwickler privilegiert werden ob wohl sie meist keine Ahnung vom Mobilfunkmarkt haben.
- Druckt T-Shirts für die WWDC 2008 mit einer guten Aufschrift.
- „Free Europe from Apple’s slavery“.
- „Thank you Steve for for treating europe like shit“
- „I’m developer second class (non US) but I still write better code than you!“
- „Free the iPhone“
- „No censorship for iPhone Apps“.
(wer hat weitere gute ideen?)
Und wenn das alles nicht klappt gibts noch zwei Alternativen:
- Ignoriert das Apple SDK und schreibt keine Applikationen fürs iPhone
- Ignoriert das Apple SDK und schreibt Appikationen fürs iPhone mit jailbreak.
Alles in allem zusammengefasst: Lasst Apple klar und deutlich wissen was sie da für eine Blödsinn fabrizieren.
Andreas Fink – Fink Consulting GmbH
Update I: Andreas Blog